Magazin für Minderheiten

Die Weltmusik- und Liedermacher-Zeitschrift „Folker“ mit Hauptsitz in NRW hat ihr fünfzigstes Heft herausgegeben. Das Magazin lebt von viel Enthusiasmus: Es wird nach Feierabend produziert

VON NATALIE WIESMANN

Folker feiert seinen Fünfzigsten. Doch kaum jemand kennt das einzige deutschsprachige „Magazin für Folk, Lied und Weltmusik“ mit dem etwas altmodisch klingenden Namen.

„Weltmusik wird immer eine Minderheitenmusik bleiben“, ist Herausgeber Mike Kamp überzeugt. Was auch daran liegt, dass er nicht alles in das zweimonatlich erscheinende Heft aufnehmen würde, was andere als Weltmusik bezeichnen: „Es müssen die Wurzeln erkennbar sein und es muss ein politischer Anspruch existieren.“ Damit meint er beispielsweise das Bagdad-Kabul-Projekt von Konstantin Wecker, mit dem die Jubiläumsausgabe aufmacht.

Das meiste, was im WDR-Sender Funkhaus Europa oder anderswo unter dem Label Weltmusik läuft, ist für Kamp „Popmusik mit folkloristischer Sauce oben drauf“: „Das hat seine Berechtigung. Aber Weltmusik ist mit Massenindustrie nicht zu vereinbaren.“ Die KünstlerInnen, die Folker vorstellt, sind mal bekannter – wie Konstantin Wecker – oder auch unbekannter wie die portugiesische Fado-Sängerin Cristina Branco.

Die Künstlerporträts und Konzertberichte im Folker sind voller Begeisterungs-Vokabular. „Unsere Schreiber dürfen ruhig enthusiastisch erzählen, wir schreiben ihnen keine journalistische Distanz vor“, so Kamp. Wenn man neue Menschen für die Musik begeistern wolle, sei das auch kontraproduktiv. Missionarisch wolle man aber nicht rüberkommen: „Bei den CD-Rezensionen sind wir kritischer.“

Die oft fantasielosen Einstiege im Stil von „angefangen hat alles in...“ erzeugen das Gefühl, dass es den Machern von Folker nicht darauf ankommt, neue LeserInnen in die Texte zu ziehen. „Entweder jemand interessiert sich dafür oder nicht“, sagt Kamp selbstbewusst. Aber, muss der 53-Jährige zugeben, ein paar neue LeserInnen würden der Zeitschrift nicht schaden. Die bundesweite Auflage liegt bei 7.000, der Großteil geht an AbonnentInnen. Vor allem kämen keine jüngeren LeserInnen nach: „Der Altersdurchschnitt liegt bei über 40.“ Auch wenn „Wachstum nicht alles ist“, wie er sagt – durch 2.000 zusätzliche AbonnentInnen würde sich das Heft sogar selbst finanzieren können. „Bisher steckt der Verleger noch viel eigenes Geld rein“, so Kamp.

Der Verleger, Besitzer eines Irland-Reisebüros, müsste noch viel mehr eigenes Geld reinstecken, wenn die Zeitschrift nicht nach Feierabend unentgeltlich produziert würde. Die Akteure sind in ganz Deutschland, aber vor allem in NRW verstreut: Der Verlag sitzt in Moers. Kamp selbst arbeitet von Bad Honnef aus, das Layout entsteht in Bochum, gedruckt wird das Magazin in Leipzig. Dort gab es mal ein Folksblatt, das mit dem bereits von Kamp herausgegebenen Folk-MICHEL aus Nordrhein-Westfalen 1998 zum Folker zusammengelegt wurde.

Mike Kamp ist bis 17 Uhr IT-Spezialist bei einer Kölner Motorenfirma, abends dann Zeitungsmacher. Der gebürtige Rheinländer, der in seinem Pass Michael heißt, ist so anglophil, dass seine Sprache schon einen englischen Klang hat. „Wirklich? Kann daran liegen, dass ich viel im englischsprachigen Ausland gereist bin und meine Frau Engländerin ist“, sagt er und lacht.

Als alter Dubliners-Fan habe er auf einer Schottland-Reise sein erstes Folk-Magazin entdeckt: „Ich dachte, das musst du auch versuchen.“ Und die Erweiterung des Spektrums um Lied und Weltmusik war für Kamp ein kleiner Schritt. „Reinhard Mey und der französische Chansonnier George Brassens wissen auch, wo ihre Wurzeln sind.“