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: San Salvadors erste Bürgermeisterin

Am Montag wird sie in San Salvador die erste Bürgermeisterin vereidigt. Damit ist die Hauptstadt, die während der Großoffensive 1989 einige Tage von der Befreiungsfront FMLN weitgehend besetzt war, erstmals zur Gänze in der Hand der ehemaligen Rebellen.

Violeta Menjívar lässt sich nicht gern Befehle geben. Deswegen wies sie das Ansinnen der Parteichefs Schafik Handal und Facundo Guardado brüsk zurück, als diese sie 2003 als Kandidatin vergattern wollten: „Seid ihr verrückt?“ Drei Jahre später wurde sie wieder gefragt, ob sie sich um den Bürgermeisterposten der Hauptstadt San Salvador bewerben wolle, allerdings kam das Ansinnen subtiler in einer konzertierten Aktion wohlmeinender Freunde. Diesmal wollte sie und setzte sich am 12. März knapp durch.

Für das Amt ist die 54-jährige Ärztin, wenn man so sagen kann, erblich vorbelastet. Schon ihr Vater war in den 70er-Jahren Bürgermeister, allerdings in der kleinen Gemeinde Arcatao in der Provinz Chalatenango. Die Familie lebte inzwischen in San Salvador, unweit der Nationaluniversität, die bald Schauplatz ideologischer und militärischer Auseinandersetzungen war. Mit 13 Jahren beteiligte sich die Schülerin am ersten Streik. In Chalatenango entstand damals aus radikalisierten christlichen Bauernorganisationen, die vergeblich bessere Löhne und Landreform einforderten, die erste Guerillaorganisation, die FPL. Nach einem Massaker unter Studenten 1975 ließ sich Violeta für die Revolution gewinnen. Als Sanitäterin versorgte sie verwundete Guerilleros. FPL-Kommandant Facundo Guardado, der auch aus Arcatao stammte, wurde für neun Jahre ihr Lebenspartner. Trotz der bewegten Zeiten konnte die brillante Studentin Violeta ihr Medizinstudium abschließen.

Nach dem Krieg fiel der Ärztin der Umstieg in die Politik nicht schwer. 1994 zog sie als stellvertretende Abgeordnete in die Nationalversammlung ein, 1997 wurde sie zur Koordinatorin der FMLN gewählt, lehnte aber zum Ärger der Frauenfraktion ab. Bei den folgenden parteiinternen Wahlen ließ sie sich dann als stellvertretende Vorsitzende verpflichten. Im Parlament bekam sie im Jahr 2000 ein eigenes Mandat und wurde Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Umwelt. Gleichzeitig führte sie aber während des Medizinerstreiks zahlreiche Demonstrationen gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens an.

Als Bürgermeisterin wird sie sich mit den Straßenhändlern im Stadtzentrum genauso beschäftigen müssen wie mit steigenden Treibstoffpreisen, die die Kosten des öffentlichen Verkehrs erhöhen. Immerhin: Venezuelas Staatschef Hugo Chávez hat verbilligtes Benzin angeboten. RALF LEONHARD