Arme Alte dürfen teurer wohnen

URTEIL Bundesgericht kippt die Regeln des rot-schwarzen Senats zu Wohnkosten

Rund 75.000 Sozialhilfeempfänger in Berlin können auf mehr Geld fürs Wohnen hoffen: Das Bundessozialgericht hat am Donnerstag geurteilt, dass die Verordnung des Senats über die Wohnkosten für diese Gruppe nicht gilt. Das Urteil ist in letzter Instanz ergangen, der Senat kann es nicht mehr anfechten.

Sozialhilfe bekommt, wer nicht genug Geld zum Leben hat und nicht arbeitsfähig ist. Dies trifft vor allem auf Behinderte zu sowie auf Rentner, deren Rente zu gering ist und die deshalb aufstockende Sozialhilfe erhalten. Die Höhe der Sozialhilfe ist identisch mit der Höhe von Arbeitslosengeld II. Ein Erwachsener zum Beispiel erhält bundesweit einheitlich 382 Euro in bar. Außerdem legt jede Stadt individuell fest, wie viel die Sozialhilfeempfänger zusätzlich für ihre Wohnkosten erhalten. Dabei müssen „auch die Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden“, so schreibt es ein Bundesgesetz vor. Der Senat hat in seiner Regelung vorgesehen, dass Menschen ab 60 in besonders begründeten Einzelfällen bis zu 10 Prozent teurer wohnen dürfen als die anderen. Das Gericht kritisierte, es handele sich bei diesem Wert um eine unerlaubte „Schätzung ins Blaue hinein“.

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) will zunächst die Urteilsbegründung abwarten, die erfahrungsgemäß in sechs bis acht Wochen vorliegen dürfte. Dann wird Czajas Verwaltung untersuchen müssen, welche zusätzlichen Mietkosten älteren Menschen wirklich entstehen können, und schließlich eine entsprechende Überarbeitung der Vorgaben vorlegen. Bis dahin sollen die alten Werte erst einmal weitergelten, schrieb Czaja in einem Rundschreiben an die Sozialämter der Bezirke. S. HEISER