Rammen auf Rollschuhen

SPORT Molly Stenzel und Janina Meyer haben Roller Derby populär gemacht. 180 Frauen üben die ruppige Sportart in Berlin aus

Wenn eine einen besonders tollen blauen Fleck hat, wird der angemessen bewundert

Die junge Frau mit dem roten Glitzerstern auf dem Helm hält voll drauf. Mit ihren Rollschuhen rast sie auf eine Gruppe von acht Skaterinnen zu und rammt sie, zwei fallen um, sie kämpft sich zur anderen Seite durch und saust über die ovale Bahn. Für jede überholte „Blockerin“ hat ihr Team Punkte eingeheimst.

Das ist Roller Derby, ein Vollkontaktsport auf Rollschuhen und nur für Frauen, in den USA erfunden. 2008 gründeten die US-Amerikanerin Molly Stenzel und die Deutsche Janina Meyer das Berliner Team. Stenzel war gerade erst hergezogen: „Ich hatte in den USA Kunst studiert und viel über die Berliner Szene gehört“, sagt sie, „daran wollte ich teilhaben.“ Aber heute ist nicht die Kunstszene, sondern Roller Derby zu ihrem Leben geworden. Da Meyer und sie Fans waren und „Sport immer eine gute Gelegenheit ist, in einer neuen Stadt Freunde zu finden“, so Stenzel, begannen die beiden, auf der Suche nach weiteren Begeisterten Flyer in Berliner Kneipen zu verteilen.

Inzwischen trainieren sie viermal pro Woche. An diesem Abend sind von den 180 Berliner Spielerinnen etwa 60 da. Mit Helm, Mundschutz und Polsterungen an Knien und Ellenbogen rasen sie durch die Halle. Viele sind tätowiert, die Rollschuhe sind tatsächlich Rollschuhe, keine Inlineskates. Und auf den T-Shirts stehen Dinge wie: „Karo-Bolage“, „Bonez“ oder „Great Vengeance“, auf einem Helm prangt der Aufkleber „I love pain“. Das gehört zur Show. „Wenn eine einen besonders tollen blauen Fleck hat, wird der natürlich angemessen bewundert“, sagt Janina Meyer. „Aber generell verletzt man sich nicht häufiger als bei anderen Sportarten.“

Die 30-Jährige kam vor acht Jahren nach Berlin und arbeitet als Veranstaltungskauffrau für einen Kinobetreiber. Darüber, dass Roller Derby oft als feministischer Sport bezeichnet wird, sagt sie: „Na ja, das steht jetzt nicht in unserer Satzung. Wir sind einfach alle Frauen, und dieser Sport macht uns selbstbewusst.“ Beim Roller Derby könne man gut sein und Erfolge feiern, ziemlich egal, welche Körperstatur man hat. „Bei den Anfängerinnen kann man beobachten, dass sich ihre Körperhaltung und ihr Auftreten verändern“, berichtet sie, und ihre Augen leuchten: „Kein Wunder, wenn ich gerade meine Gegnerin gekickt habe, dass sie zwei Meter weit fliegt.“

Alles selbst organisiert

Das Team organisiert sich komplett selbst – jede Sportlerin übernimmt Aufgaben. Besonders wenn ein- bis zweimal im Monat ein „Bout“ ansteht, wie die Wettkämpfe heißen, gibt es viel zu tun. Heimspiele in der Treptower Arena sind zu organisieren oder die Reisen zu Auswärtsspielen; im November etwa fliegen sie nach Birmingham.

Beim Training quietschen die Stopper an den Rollschuhspitzen auf dem Hallenboden. Mit ihnen wird nicht nur gebremst, man stellt sich auch darauf, um die Gegnerinnen mit mehr Druck wegzudrängen. Wo bekommt man heute eigentlich noch solche Rollschuhe? „Ich habe einen eigenen Laden aufgemacht“, sagt Stenzel, „und bestelle sie aus den USA.“

Was sind die Pläne der Teamgründerinnen für die Zukunft? „Eine eigene Halle wäre toll“, sagt Meyer. Denn in Berlin sei es schwer, einen Ort zum Trainieren zu finden. „Und ein Junior-Derby für Kinder“, fügt Stenzel hinzu.

http://bearcityrollerderby.com