Kopenhagen oder Kalkutta

Wie sieht die Zukunft des Goethe-Instituts aus, wenn der Etat sinkt und die Defizite wachsen? Sollen alle westeuropäischen Institute fortbestehen – auf Kosten der Arbeit in Asien? Eine Präsidiumssitzung am Mittwoch blieb ohne konkrete Ergebnisse

von JAN-HENDRIK WULF

Eilig luden die Präsidentin Jutta Limbach und der Vorstand des Goethe-Instituts am Mittwoch in Berlin zu einer Pressekonferenz ein. Denn in der öffentlichen Kommunikation um die Zukunftspläne des finanziell angeschlagenen Kulturvermittlers geht zur Zeit einiges schief. Irritationen und ein weitgehend kritisches Medienecho löste etwa das ungewisse Schicksal der von Kürzungsplänen betroffenen Kopenhagener Dependance aus. Dabei spitzte sich die Diskussion zuletzt weniger auf die inhaltlichen Perspektiven und Absichten einer neuen globalen Kulturpolitik zu als vielmehr auf die Frage nach dem Bestandsschutz für die historisch gewachsenen Netzwerke des Goethe-Instituts in Westeuropa.

Nun war es an Jutta Limbach, abzuwiegeln: Eine konkrete Schließungsliste von Standorten sei im Präsidium des Goethe-Instituts bislang nicht diskutiert worden. Fest steht nur: Man muss irgendwie sparen oder weiteres Geld auftreiben. In den letzten fünf Jahre sind die jährlichen Mittel des Auswärtigen Amtes für das Goethe-Institut um 16 Millionen Euro auf 109,1 Millionen Euro gekürzt worden.

„Das Goethe-Institut zieht sich nicht aus Europa zurück“, beteuerte auch der seit diesem Jahr amtierende Generalsekretär Hans-Georg Knopp. Allerdings hätten sich die „weltweiten Koordinaten in Richtung China, Indien und islamisch geprägte Welt verschoben“. Weil aber immer noch 43 Prozent der Mittel in Westeuropa ausgegeben würden – für Knopp ist das fraglos „überproportional“ –, müsse man „das Verhältnis zwischen der nach wie vor zentralen europäischen Kulturarbeit und neuen geografischen Schwerpunkten austarieren.“ Darf es in Italien sieben Standorte geben, während es in China gerade einmal zwei sind?

Der kaufmännische Direktor des Goethe-Instituts, Jürgen Maier, spricht ganz betriebswirtschaftlich von einer „strukturellen Unterfinanzierung“. In diesem Jahr rechnet er mit einem Defizit von sieben Millionen Euro. Sofern alle politische Überzeugungsarbeit für eine Etataufstockung nichts fruchte, müsse man eben „Infrastrukturen reduzieren“ und sich „auf zentrale Orte konzentrieren“, um überhaupt noch „Strahlkraft und Wirkung“ zu erzielen. Dies sei besser, als alle gegenwärtigen Standorte bloß „in ihrer Symbolkraft“ zu erhalten. Sinnvoll erscheint ihm auch eine Budgetierung der Etats, damit das Goethe-Institut bei künftigen Umstrukturierungen freier von den kameralistischen Vorgaben des Außenministeriums agieren könne.

Nach den Plänen Knopps sollen nämlich auch die regelmäßigen Infrastrukturausgaben für Personal und Gebäude reduziert werden, „um Mittel für die kulturelle Programm- und Informationsarbeit sowie für die Bildungskooperation und die aktive Lobbyarbeit freizusetzen.“ Zukünftig wolle man weniger festangestellte Generalisten beschäftigen und öfter auf „Experten und projektbezogene Mitarbeiter“ zurückgreifen. Auch bei den Sprachkursen plädiert Knopp für eine konsequentere „betriebswirtschaftliche Ausrichtung“. Zumindest für Westeuropäer solle der Deutschunterricht nicht länger durch Steuergelder subventioniert werden.

Doch ohne höheren politischen Segen würden alle unpopulären Umstrukturierungs- und Schließungspläne des GI-Vorstandes Makulatur. Am Mittwoch verlief eine Sitzung des GI-Präsidiums, dem auch ein Vertreter des Außenministeriums angehört, erst einmal kontrovers und vertagte sich ohne konkrete Beschlüsse auf den 12. Juni. Dabei glaubt nicht einmal mehr Jutta Limbach daran, dass es noch möglich sei, das Netz der Institute zu erhalten, „wenn wir nicht nur Kaffeestuben eröffnen wollen“. Nun spielt sie den Ball erst einmal zurück ins Ministerium: „Das ist für den Außenminister keine leichte Situation.“