Eine neue Schulmode

von SASCHA TEGTMEIER
UND DOMINIK SCHOTTNER

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erntet für ihren Vorschlag, Schuluniformen einzuführen, Kritik von allen Seiten. In einem Interview mit der Welt am Sonntag hatte Zypries vorgeschlagen, „alle Schülerinnen und Schüler sollten einheitliche Schulkleidung tragen“. Hintergrund für Zypries’ Vorstoß ist der Fall von zwei Bonner Gymnasiastinnen, die in den ganzen Körper verhüllenden Burkas zur Schule gekommen waren. Uniformen wären eine einfache Lösung zur Konfliktvermeidung, so Zypries. „Damit beseitigen wir nicht nur die Burkas, sondern auch Probleme, die sich durch soziale Unterschiede ergeben“, sagte sie.

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, lehnt den Vorschlag seiner Parteigenossin ab: „Ich halte nichts von zentralen Regelungen“, sagte er der taz. Solche Entscheidungen sollten die Schulen allein treffen.

„Wenn es darum geht, beispielweise Markendruck von einigen Schülern zu nehmen, sollte sich die Schulgemeinschaft darauf verständigen“, sagte Tauss. Die Lösung wäre jedoch keine Schuluniform, sondern „bestimmte Kleidungsstandards“. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Ayman Mazyek, hält die Schuluniform zwar für eine Möglichkeit, soziale Gefälle einzuebnen. Beim Thema Integration könne dies aber nur ein Baustein sein. „Schuluniformen ersetzen keine richtige Integrationspolitik“, sagte er der taz.

Norbert Hocke, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält inhaltliche Konzepte für die Schulen für wichtiger als die Kleidung. „Die Schuluniformen werden über andere Probleme gestülpt – und diese so verdeckt“, sagte Hocke der taz. Zudem weist er darauf hin, dass die Bundesjustizministerin nicht für Schulfragen zuständig ist – Schulen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer.

Vonseiten der Zuständigen – der Kultusministerkonferenz (KMK) – hieß es, in der Bundesrepublik habe man sich aus historischen Grünen nach dem Zweiten Weltkrieg gegen Schuluniformen entschieden. Zu frisch seien noch die Erinnerungen an die Uniformen der Hitlerjugend und des Bundes Deutscher Mädel. Eine grundsätzliche Verordnung von einheitlicher Kleidung werfe auch die Frage auf, inwieweit in die Rechte von Schülern und Eltern eingegriffen werde.

In Europa ist Großbritannien das Land der Schuluniformen. Dort sind Schulkinder an ihren blauen Pullovern und karierten Röcken oder blauen Hosen gleich erkennbar. Auch in Deutschland gab es immer wieder Versuche, Kindern und Jugendlichen Schulkleidung schmackhaft zu machen, etwa in Schulen in Berlin, Hamburg und Brandenburg – und im baden-württembergischen Friesenheim.

An der dortigen Real- und Hauptschule hat Rektor Günter Behre im vergangenen Jahr die „Schulmode“, wie er es nennt, eingeführt. Grund dafür war eine Umfrage, nach der rund ein Drittel der Schüler Markendruck als belastend empfand. „Die ganze Situation an der Schule ist seitdem entspannter, die Akzeptanz der Schüler füreinander höher“, sagte Behre der taz.

Die einheitlichen Kleidungsstücke sind an seiner Schule nicht verpflichtend. Die SchülerInnen können nach Belieben ihre privaten Sachen mit der „bunten Kollektion“ der Schule kombinieren. „Zwischen 30 und 50 Prozent tragen täglich ein Teil“, schätzt Behre. Auch die Friesenheimer Lehrer schmücken sich gern mit der Schulmode. Am vergangenen Freitag hat Behre die neue Sommerkollektion vorgestellt – in Schwarz und Rosa.