Vereint gegen die Union

VISIONEN Das „Kulturkonzept“ der CDU stößt bei den Betroffenen unisono auf heftigen Widerstand. Vorab angehört worden sind sie offenbar auch nicht

Natürlich gibt es Aufregung. Scharf kritisiert haben Kulturrat, Bremer Theaterleitung und die Arbeitnehmerkammer die kulturpolitischen Positionen, die Rita Mohr-Lüllmann und Carl Kau (beide CDU) am Mittwoch vorgestellt haben. Kein Wunder, denn tatsächlich sind die Vorschläge offenbar ohne jeden Kontakt mit dem Gegenstand von Kulturpolitik ersonnen worden – Ensembles und Veranstaltern zum Beispiel, freier Szene und Trägern der Soziokultur.

Es sei „frappierend“, so der Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Hans Endl, dass diese „im so genannten Zukunftspapier nicht existiert“. Schließlich würden selbst unionsgeführte Bundesländer Soziokultur längst als „wesentliche Säule der Kultur“ sehen. Erst nach Zögern hat sich die Leitung des Goethe-Theaters zu einer Reaktion entschlossen: „Wir haben überlegt, das unter verfrühtem Wahlkampfauftakt abzuspeichern und stillzuhalten“, so Chefdramaturg Marcel Klett. Dafür seien die Vorschläge jedoch zu kontraproduktiv: „Wir wollen hier endlich anfangen zu arbeiten, und der Kollege in Bremerhaven natürlich auch“, so Klett. Am dortigen Stadttheater startet Ulrich Mokrusch im Sommer seine erste Spielzeit. „Die Idee beide Häuser zu fusionieren stellt unsere Existenz in Frage“, so Klett, „dagegen müssen wir uns verwahren“. Zudem gefährde die Union mit ihrem Vorstoß zur Unzeit die Intendantensuche in Bremen.

Auch Carsten Werner von der Schwankhalle rügte, dass die CDU mit ihren Vorschlägen „von zukunftsweisenden Ideen meilenweit entfernt“ sei. Immerhin teilt er die Einschätzung, Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sei als Kultursenator „kaum wahrnehmbar“. Allerdings: Vergaloppiert haben sich die designierte Spitzenkandidatin und der kulturpolitische Sprecher der Unionsfraktion mit der Kritik an Staatsrätin Carmen Emigholz (SPD). Denn die wird unisono als so fair, vertrauensvoll und lösungsorientiert wie lange nicht mehr beschrieben.

Noch schroffer reagierte Renate Heitmann auf die Veröffentlichung: „Es wirkt manchmal, als wüssten sie gar nicht, wovon sie reden.“ Als völlig unrealistisch wertete die Sprecherin des Kulturrats und Geschäftsführerin der Shakespeare Company den Vorschlag, die Sponsoren-Suche an einer behördlichen Stelle zu bündeln: „Sponsoren wollen direkten Kontakt zum Kulturträger ihrer Wahl – die wollen nicht von einer Zentralstelle irgendjemandem zugeteilt werden.“ Geradezu lachhaft wirke zudem der Vorstoß, Goetheplatz- und Bremerhavener Stadttheater zu einer Landesbühne zusammenzulegen, mit der laut Unions-Konzept die Bundesliga zu erreichen wäre. Ein Ärgernis sei der Vorstoß zumal, weil das Theater durch tatkräftige Unterstützung der Union „zu einem Eventschuppen verkommen“ sei.

Gerade von diesem Grundzug christdemokratischer Kulturpolitik ist dem Lüllmann-Kau-Papier keine Abkehr gelungen: Als Funktion von Kultur machen sie in erster Linie deren „Strahlkraft“ aus. Schon Hartmut Perschau hatte sie seinerzeit auf den „Flirt- und Funfaktor“ reduziert – und ganz in diesem Sinne hatte sein Nachfolger Jörg Kastendiek 2006 den mittlerweile gescheiterten Generalintendanten Hans-Joachim Frey für Bremen verpflichtet. BES