KAI ABT, ÖKOLOGE
: Der Robbenzähler

■ studierte Biologie und promovierte in angewandter Ökologie über Seehundbestände in der Nordsee.Foto: privat

Mit einem kleinen Flugzeug über das Wattenmeer zu fliegen und dabei „fette, silbrige Würste“ zählen, das ist der Beruf von Kai Abt. Der 44-jährige Ökologe beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Seehundbestand in der schleswig-holsteinischen Nordsee. Fünfmal jährlich macht sich der Freiberufler auf, um für die Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer Schleswig-Holstein Robben zählen.

Anfang Juni beginnt die dreiwöchige Wurfsaison der Tiere. Dann muss Abt vor Ort sein. In Begleitung eines Piloten, eines Navigators und eines Fotografen fliegt er die Elbe hoch und 600 Kilometer im Zick-Zack-Kurs über die Nordsee. Er fotografiert die Robben, um sie anschließend zu zählen. Am Tag sichtet Abt so bis zu 8.200 Tiere.

Warum die Menschen Seehunde so niedlich finden, versteht der Ökologe nicht. Sein Blick auf die Touristen-Lieblinge ist nüchtern und sachlich. Für Großkatzen und Greifvögel hegte er dagegen bereits als Kind eine Leidenschaft. Um sie zu erforschen, studierte der Lübecker Biologie. Im Studium entdeckte er die Robben für sich. Abt promovierte über Seehundbestände in der Nordsee. „Die empfindliche Robbenpopulation ist ein präziser Indikator für Veränderungen des Ökosystems Wattenmeer“, sagt er. In den letzten 30 Jahren hat sich die Wurfzeit der Tiere aufgrund des Klimawandels um drei Wochen verschoben. Die Bestandszahlen haben sich indes stabilisiert.

In diesem Jahr werden dennoch weniger Seehunde auf den Sandbänken liegen als im letzten, vermutet Abt. Veränderte Druckverhältnisse im Nordatlantik hätten im vergangenen Winter zu einer Minderung des warmen Einstroms in die Nordsee geführt. Darunter hat insbesondere der Jahrgang 2009 gelitten. Bereits im April hatte Abt mehr tote Jungtiere vermeldet.

Wenn die Zählarbeiten im Sommer abgeschlossen sind, wird Kai Abt die Daten auswerten, um Aussagen zur Bestandsentwicklung zu treffen. Erst im Frühjahr geht es dann wieder hinaus – Kegelrobben zählen. Bis dahin beschäftigt sich der Biologe mit Wildmäusen, Bienenfressern und Habichten. Robben zählt er dann höchstens zum Einschlafen. SILKE RITTER