Die Schlammspiele von Sotschi

OLYMPIA Noch ist Sotschi eine einzige Baustelle. Bis Februar muss daraus eine Erlebnis- und Jubelzone werden. Eine Fotoreportage

VON THOMAS PETER
(FOTOS) UND MARKUS VÖLKER (TEXT)

Es sind noch gut drei Monate bis zum russischen Selbstdarstellungsevent. Fast 40 Milliarden Euro hat sich Premier Wladimir Putin den Irrsinn kosten lassen, Olympische Winterspiele an der subtropischen Schwarzmeerküste zu veranstalten. So ziemlich alle Sportstätten mussten neu gebaut werden. Man legte Sümpfe trocken, siedelte Dutzende von Familien um und schuf in den Bergen im Hinterland von Sotschi eine Wintersportretorte.

Selbst der Präsident des IOC, Thomas Bach, der neulich in Sotschi war, kam nicht umhin zu sagen: „Die letzten 100 Tage werden die härteste Zeit vor der Eröffnung.“ Übersetzt aus Diplomatendeutsch in richtiges Deutsch heißt das: Die Russen müssen einen verdammt schnellen Endspurt hinlegen, wenn sie die Baustellen und Schlammgruben noch in den Griff bekommen wollen. Dass genau dieser Herr Bach im gleichen Atemzug von „grünen Spielen in Sotschi“ sprach, gehört zu den Absurditäten des olympischen Betriebs.

Mittlerweile bezweifeln sogar Olympiafreunde, dass die Reißbrettspiele der Großmacht funktionieren werden. „Es wird kaum eine große Party werden“, ahnt Gian-Franco Kasper, IOC-Mitglied und Präsident des Ski-Weltverbandes FIS: „Das ist eine Region, die kaum Sport kennt: Es gibt keine Skiklubs oder Eishockeyteams – nichts. Es wird schwierig sein, Atmosphäre zu schaffen.“

Auf den Baustellen schuften vor allem Arbeiter aus Usbekistan, Kirgistan oder Tadschikistan. Viele von ihnen haben seit Wochen keinen Lohn mehr bekommen. Unterbringung und Verpflegung sind mies, Pässe werden vom Arbeitgeber einbehalten, Arbeitsverträge verweigert. Diese Entrechteten sind es, die für den letzten Schliff in Putins Wintersportmärchenreich sorgen.