Die Dänin, die Briten überzeugt

Die Liberale Charlotte Antonsen will Europa viel effektiver und schneller machen

Immerhin hat Charlotte Antonsen bei ihrer Ankunft in Brüssel nicht dieses lähmende Gefühl, alle schon zu kennen und über alles schon einmal stundenlang diskutiert zu haben. Die 47-jährige Abgeordnete des dänischen Folketinget saß nicht im Konvent für die EU-Verfassung. Dennoch ist sie überzeugt, dass die dort beschlossene Reform für Europa enorm wichtig ist. „Wer kann schon eine Richtlinie im Auge behalten, wenn es drei oder vier Jahre dauert, bis sie in Kraft tritt? Weder Journalisten noch die Bürger können das. Die Arbeit in Europa muss viel effektiver werden, um für die Menschen interessant zu sein.“

Gerade hat die Liberale an einem Forum in Dänemark teilgenommen, wo 400 Studenten, engagierte Bürger und Vertreter von NGOs über die Verfassung diskutierten. „Die Dänen haben eine klare Vorstellung, wofür sie Europa brauchen – zum Beispiel für den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus.“ Es sei auf der Veranstaltung das Thema Nummer eins gewesen.

Ansonsten ist sie nicht nach Brüssel gekommen, um die Verfassung noch einmal neu zu erfinden. Natürlich müsse in den Arbeitsgruppen auch über konkrete Politik gesprochen werden. Es würde ihr gefallen, wenn zum Beispiel für die britischen Teilnehmer dabei deutlich würde, „dass ganz wichtige politische Projekte blockiert sind, wenn der Vertrag feststeckt“. Vor allem aber will sie von den französischen und den niederländischen Kollegen wissen, wie es weitergehen soll. „Nun haben sie ein Jahr Zeit gehabt, sich Gedanken zu machen, wie sie aus der schwierigen Lage rauskommen wollen. Ich erwarte ja nicht, dass sie einen kompletten Fahrplan in der Tasche haben. Aber ein paar Vorschläge würde ich schon gern hören. Wir anderen würden nämlich gern allmählich mal die Verfassung ratifizieren.“

Und warum holt Dänemark dann das Referendum nicht aus dem Eisschrank? „Weil wir gar nicht wissen, wie die anderen Länder weitermachen wollen. Wollen sie in einigen Bereichen eine Sonderklausel, wie Dänemark beim Euro?“ Man könne den Dänen momentan nicht garantieren, dass die Verfassung, über die sie abstimmen sollen, jemals in Kraft tritt.

Über die Stimmungslage in ihrem Land macht sich Antonsen keine Sorgen. Eine Mehrheit würde in einer Volksbefragung Ja zur Verfassung sagen, davon ist sie überzeugt. Vor einem Jahr, als Frankreich und die Niederlande Nein gesagt hatten, kippte kurzfristig auch die Stimmung in Dänemark. „Es war alles so chaotisch, die Leute wussten nicht, was sie denken sollten.“ Inzwischen aber liegen die Befürworter der Verfassung in Umfragen wieder bei sechzig Prozent.

Wie es nun weitergehen soll, weiß Antonsen auch nicht. Vielleicht wäre eine abgespeckte Version des Textes, wie einige Politiker vorgeschlagen haben, die Lösung. Eins aber ist für Antonsen sonnenklar: „Bleibt es beim geltenden Vertrag von Nizza, dann wird die EU allmählich zerfallen.“ Dann passe nicht das Motto der Verfassungsgegner „Vertrag von Nizza oder Tod der Union“, sondern dann werde der Vertrag von Nizza zum Grab der Union.