Jeder Diskobesuch ein Treffer

Wer im Sommer vor der Fußball-WM in die Clubs flüchten will, wird Probleme kriegen: Bei den meisten Veranstaltern steht das Großereignis in irgendeiner Form auf dem Programm. TV-Übertragung von Spielen scheint Pflicht zu sein

Die Kulturveranstalter in Berlin haben sich auf die Fußball-WM im Juni und Juli eingestellt. Mit Großleinwänden, Lesungen und Partys wollen einige vom erwarteten Besucherandrang finanziell profitieren. Andere sind da vorsichtiger: Große Konzerte finden oft nur als Begleitprogramm des Sportereignisses statt. Disko-Betreiber wollen ihr Programm gar nicht ändern. Die WM soll dabei kaum eine Rolle spielen.

„Wir haben unser Programm frühzeitig auf das Fußballevent abgestimmt“, erzählt der Promoter des Konzertveranstalters Trinity, Martin Rabitz. In der Spandauer Zitadelle werden alle Spiele gratis auf einer Leinwand gezeigt. Zudem organisiert der Veranstalter Auftritte bekannter Künstler wie des britischen Schnulziers James Blunt in der Adidas-Arena vor dem Reichstag. „Ansonsten werden wir keine großen Konzerte während wichtiger Spiele veranstalten“, sagt Rabitz. Anders sehe das bei kleinen Clubkonzerten aus. Da konzentriert sich der Veranstalter auf Punkrock, Metall und Songwriting – also Musik abseits des Mainstreams. „In diesen Szenen haben viele Leute mit Fußball nichts am Hut“, vermutet er.

Auch der Pfefferberg steht ganz im Zeichen der WM. Vom 9. Juni bis zum 9. Juli werden unter dem Motto „World Connection“ alle Spiele live übertragen, Filme gezeigt, Konzerte organisiert und Lesungen gehalten. „Fußball findet nämlich nicht nur auf dem Platz und in den Stadien statt“, stellt Pressesprecherin Anne Erretkamps fest. Bei den Veranstaltungen soll es vor allem multikulturell zugehen: Filme aus den Niederlanden oder eine Band aus Angola. Regelmäßige Events, wie die Mundo-Mix-Party, finden weiterhin statt. Wichtig sei, dass die Veranstaltungen „nicht nur das typische Fußballpublikum bedienen“, erklärt Pfefferberg-Mitarbeiterin Maria Fischer.

In der Kulturbrauerei schließen sich die unterschiedlichen Mieter zu einem „Global Village“ zusammen. „ Wir rechnen mit rund 10.000 Besuchern pro Tag“, erklärt Mitveranstalterin Wiebke Jansen. Diese sollen dann die Spiele auf zwei großen Leinwänden open air sowie auf zehn Leinwänden in den Konzerthallen, Clubs und Restaurants verfolgen. Im Anschluss an die Übertragung beginnen diverse Feten. „Die regulären Partys bleiben bestehen, sie bilden die Basis für das WM-Rahmenprogramm“, betont Jansen.

Bei den Berliner Clubs hingegen kommt wenig Fußballstimmung auf. „Natürlich freuen wir uns auf Besucher von außerhalb“, betont die Marketingleiterin des Sage-Clubs, Stefanie Eisenhuth. Das reguläre Programm werde man aber nicht ändern. Man überlege noch, im Rahmen der wöchentlichen Rockveranstaltung, die um 19 Uhr beginnt, im Gartenbereich Spiele zu zeigen.

Der Kreuzberger Club SO 36 will für die WM sein reguläres Programm ebenfalls nicht ändern. Ganz am Fußballevent vorbei kommen die Veranstalter aber nicht: Gratis übertragen werden das Eröffnungsspiel und zwei weitere Partien. Zudem findet seit Februar die Partyreihe „Samba de Futebol“ statt, denn „für Samba und Fußball gibt es keine Jahreszeit“, erzählt Lilo Unger. „Wir füllen mit den Fußballevents aber nur unsere Freiräume im Programmplan“, stellt sie klar. KAYS AL-KHANAK