Mediaspree weiter versenken!

Die AG Spreeufer versucht, „die Stadtzerstörung aufzuhalten und Betonpolitik zu delegitimieren“, die Forderungen der Friedrichshain-Kreuzberger sollen Berücksichtigung finden

■ Regelmäßige Treffen

Die AG trifft sich jeden Montag um 20 Uhr im Südflügel des Bethanien in Berlin-Kreuzberg. Die AG ist offen für alle, die sich an der alternativen Planung des Spreeufers beteiligen und die Kampagne unterstützen möchten.

■ Infoveranstaltungen

„Bürgerentscheid unter den Tisch gekehrt?“

– Fr., 21. Mai – RAW, Theaterlounge, Revaler Str. 99, 19 Uhr

– Di., 25. Mai – YAAM, Stralauer Platz 35, 19 Uhr

■ Im Netz:

www.ms-versenken.org

Der Kampf um das Spreeufer für alle geht weiter. Ein wichtiger Akteur dabei ist die AG Spreeufer im „Initiativkreis Mediaspree versenken!“, der sich Mitte 2006 gegründet hat. Die AG Spreeufer ist unter anderem für den erfolgreichen Bürgerentscheid zur Nutzung des Spreeufers verantwortlich. Im Juli 2008 stimmten 87% der Friedrichshain-KreuzbergerInnen für ein „Spreeufer für alle“.

„Das ganze Mediaspree-Projekt war eine provokante Steilvorlage“, finden die Aktiven von der AG. „Andernorts findet Gentrifizierung als schleichender Prozess statt. Hier kommt der Senat mit gigantischen Plänen für Hochhäuser und will das Spreeufer massiv mit Glas, Stahl und Beton verbauen.“ Der Widerstand gegen die Senatspläne war quasi vorprogrammiert und der Wille der BürgerInnen hätte deutlicher nicht ausfallen können. Mit dem erfolgreichsten Bürgerentscheid von Berlin fordern sie unter anderem einen Mindestabstand für Neubauten von 50 Metern zum Ufer, statt Hochhäusern eine kleinteilige sozial orientierte Nutzung, Grünflächen, sowie alternative und nichtkommerzielle Kulturangebote.

Als Folge des Bürgerentscheids wurde ein Sonderausschuss Spreeraum gegründet, um den nun demokratisch ermittelten Willen der Bürger zu berücksichtigen. Über ein Jahr lang diskutierten und verhandelten die Aktiven der AG Spreeufer, nun in offizieller Funktion als Bürgerdeputierte, mit BezirkspolitikerInnen, GrundstückbesitzerInnen und VertreterInnen des Senates.

Im Dezember 2009 zogen die Aktiven die Reißleine und kündigten ihre Mitarbeit im Sonderausschuss auf. Grund: Vom Bezirksbürgermeister Schulz (Grünen) wurde ein Abschlussbericht zur Kenntnisnahme in den Sonderausschuss eingereicht. „Gerade einmal bei knapp der Hälfte der Grundstücke wurden kleine Veränderungen erzielt“, begründen die Aktiven ihren Austritt. Meist wurden breitere Abstandsflächen zwischen Bebauung und Ufer festgeschrieben, aber die vom Bürgerentscheid geforderten 50 Meter konnten nirgendwo umgesetzt werden. Einen Abschlussbericht wollten die Bürgerdeputierten der AG Spreeufer daher nicht mittragen. „Und sozialpolitisch haben wir noch gar nichts erreicht“, stellen die Aktiven fest. Größere Interaktionsflächen am Spreeufer, Kultur und sozialer Wohnungsbau, das würden sie sich wünschen.

Ein bisschen Enttäuschung klingt da schon durch: „Die Politik meint, der Bürgerwille sei nun hinreichend berücksichtigt.“ Der Verkauf von Grundstücken und auch die Planung von Hochhäusern geht indes weiter. Der Protest auch.

Als nächstes Projekt will die AG Spreeufer mit öffentlichen Aktionen gegen die Pläne für den Osthafen angehen. Im Osthafen zwischen Oberbaumbrücke und Elsenbrücke soll die historische Hafenfläche komplett bebaut werden. Lediglich ein schmaler Uferwanderweg verbleibt als öffentlicher Raum. Das Kuriose: Die Fläche gehört der Behala und damit einem landeseigenen Betrieb. „Gerade hier wären die Forderungen des Bürgerentscheides für die Politik leicht durchzusetzen und gerade hier ist am wenigsten davon zu sehen“, empören sich die Aktiven.

Sie wollen, dass der Bebauungsplan für den Osthafen nun endlich öffentlich ausgelegt wird, womit den Friedrichshain-KreuzbergerInnen die Möglichkeit eröffnet wird, Einsprüche geltend zu machen. „Zuerst geht es darum, den öffentlich ausgelegten Bebauungsplan auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, erklären sie. „Die Auslegung findet ja irgendwo in den dunklen Fluren des Stadtplanungsamtes statt, in Form eines Aushanges.“ Sie wollen den Bebauungsplan an ihren Infoständen auslegen und dazu die Möglichkeit anbieten, Einspruch zu erheben. Das können alle, indem sie ein Formblatt ausfüllen. „Der Grund des Einspruches ist erst einmal egal“, so die Aktiven. „Ob einem die Bürohäuser zu massiv sind, die Grünflächen fehlen oder der soziale Wohnungsbau – wichtig sei der Einspruch selbst.“ Denn ebenso wie der Bürgerentscheid müssen auch die Einsprüche lediglich Berücksichtigung finden. „Das wird dann eine neue Abstimmung“, so die Erwartung der Initiatoren. Ihnen geht es darum, möglichst viele Einwände zu produzieren, um öffentlich zu machen, dass die Bürgerwünsche eben doch noch nicht hinreichend berücksichtigt wurden.

Außer dem Einspruchsverfahren zum Osthafen stehen noch viele andere Aktivitäten auf dem Programm, vor allem die Verhinderung der Privatisierung des öffentlichen Grundstücks an der Schillingbrücke, auf dem sich das Maria am Ostbahnhof befindet. Den ganzen Sommer über ist kreativer Protest geplant. Trotz des für sie unbefriedigenden Ergebnisses im Sonderausschuss will die AG Spreeufer auch weiterhin alternative Planungen voranbringen und sich direkt in die Verhandlungen um die Grundstücke am Spreeufer einbringen.

JAL