Wie gefährlich sind Handys?

MOBILFUNK Die Erwartungen an die bislang größte Studie zum Zusammenhang zwischen Handys und Hirnkrebs waren groß. Ein endgültiges Ergebnis bleiben die Forscher schuldig

„Es wäre voreilig zu sagen, dass mit der Handynutzung kein Risiko verbunden ist“

VON JENS KLEIN

Die Diskussion über ein möglicherweise erhöhtes Krebsrisiko durch Handys ist ungefähr so alt wie die ersten Geräte. Und sie wird wohl noch einige Zeit andauern. Denn auch die heute im International Journal of Epidemiology veröffentlichte Langzeitstudie „Interphone“ lieferte keine endgültigen Erkenntnisse. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Handygebrauch und Hirnkrebs konnte zwar nicht nachgewiesen werden. Aber: „Es wäre voreilig zu sagen, dass mit der Handynutzung kein Risiko verbunden ist“, sagte der Direktor der Internationalen Behörde für Krebsforschung, Christopher Wild.

Wissenschaftler aus 13 Staaten hatten für die von der Weltgesundheitsorganisation koordinierte Untersuchung fast 13.000 Menschen gefragt, wie lange sie in den vergangenen zehn Jahren mit dem Handy telefoniert hatten und an welches Ohr das Gerät dabei überwiegend gehalten wurde. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Handynutzer auch zehn Jahre nach ihrem ersten Telefonat mit dem Handy kein erhöhtes Krebsrisiko hatten. Im Vergleich zu Menschen, die noch nie ein Mobiltelefon benutzt hatten, war das Risiko sogar etwas geringer.

Michael Milligan vom Mobile Manufacturers Forum (MMF), dem internationalen Verband der Handyhersteller, deutete die Studie positiv. Sie sei „eine weitere klare Bestätigung hinsichtlich der Sicherheit von Mobiltelefonen“. Er verwies zudem auf Tierversuche, in denen die langfristigen Konsequenzen der Handystrahlung erforscht wurden. Dabei seien keine Einflüsse auf die Gesundheit der Tiere festgestellt worden.

Interphone-Forschungsleiterin Elisabeth Cardis zeigte sich dagegen skeptischer: „Wir können aber nicht einfach ausschließen, dass es Auswirkungen gibt“, sagte sie. Denn bei Vieltelefonierern war das Risiko einer Krebserkrankung laut der Studie leicht erhöht. Für einen wissenschaftlichen Nachweis ist das Ergebnis allerdings nicht deutlich genug. Die etwa 5.000 an Krebs erkrankten Teilnehmer neigten nämlich dazu, die Intensität ihrer Handynutzung zu überschätzen.

Um die Effekte des langfristigen und intensiven Telefonierens mit dem Handy ermitteln zu können, verlangen die Wissenschaftler deshalb weitere Untersuchungen. Zudem wurden in der Studie bereits Menschen als besonders intensive Handynutzer eingestuft, die durchschnittlich pro Tag eine halbe Stunde mit dem Handy telefonierten. Heute wird das Mobiltelefon mitunter deutlich länger genutzt. Allerdings seien die modernen Geräte auch strahlungsärmer, und es würden verstärkt Kopfhörer eingesetzt, erklären die Forscher.

Genauere Ergebnisse könnte die kürzlich gestartete Cosmos-Studie liefern. Darin wird der Gesundheitszustand von 250.000 europäischen Handynutzern über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren beobachtet. Außerdem sollen von Interphone das Risiko von Tumoren in der Ohrspeicheldrüse oder dem Gehörnerv und im Rahmen anderer Studien die Auswirkungen der Handystrahlung auf Kinder gezielt untersucht werden.

An der Finanzierung der Interphone-Studie beteiligte sich auch die Mobilfunkbranche. Das MMF und die GSM Association als Vereinigung der Mobilfunkanbieter unterstützten das Projekt mit etwa 3,5 Millionen Euro. Insgesamt kostete die Untersuchung rund 19 Millionen Euro.