Goldboom macht Kleinanleger misstrauisch

Das Edelmetall gilt zwar noch als sichere Investition in Krisenzeiten. Experten warnen jedoch schon vor einer Preisblase

BERLIN taz ■ Der Goldpreis steigt: Gestern kostete eine Feinunze 722,70 US-Dollar. Vor einem Monat waren es erst 600. Wer vor fünf Jahren Gold gekauft hat, kann sich gar über einen Kursgewinn von fast 300 Prozent freuen – 2001 lag der Preis bei einem Tiefststand von nur 255 Dollar.

Die meisten Kleinanleger reagieren auf den Boom aber eher misstrauisch. „Wir haben schon in den letzten vier Wochen keine Goldbarren mehr verkauft“, heißt es beim ESG Edelmetall-Service in Rheinstetten, der sich auf das Edelmetall-Recycling spezialisiert hat. Umso eiliger hätten es aber viele Kunden, ihre Goldbestände loszuschlagen und die Gewinne mitzunehmen. „Es werden sehr viele Goldmünzen angeboten“, hat ESG beobachtet. Für ein Gramm Barrengold werden momentan 17,54 Euro gezahlt.

Vor Goldkäufen warnen auch die Branchendienste: „Neueinsteiger sollten auf den aktuellen Preisniveaus sehr vorsichtig agieren“, rät das Edelmetallhandelshaus Pro Aurum potenziellen Kunden. Der rasante Preiszuwachs sei „ungesund und wird in heftigen Korrekturen von 50 US-Dollar und mehr pro Feinunze Gold münden“. Die spekulative Gold- und Silberblase werde bald platzen, prophezeite auch Helmut Eschwey, der Chef des Hanauer Edelmetall- und Technologiekonzerns Heraeus. Bernd Schröder, Investmentanalyst der Dresdner Bank, dagegen glaubt, dass Gold zwar „kurzzeitig überkauft“ ist. Bis zu einem Preis von 850 Dollar sei es jedoch sinnvoll, „jede Schwäche zum Einstieg zu nutzen“. 850 Dollar ist das Allzeithoch des Goldes, das 1980 erreicht wurde.

Ein Grund für die momentane Gold-Hausse: Das Edelmetall gilt als sichere Geldanlage, wenn Inflationen oder geopolitische Krisen drohen. Und inzwischen kursiert die Sorge, die steigenden Rohölpreise könnten eine Preisspirale nach oben auslösen. Als die US-Notenbank Fed am Mittwoch vor Inflationstendenzen warnte, schoss der Goldpreis sofort in die Höhe. Zudem sinkt der Dollarkurs, so dass alternative Anlagen gefragt sind. Gleichzeitig schwelt der Konflikt mit dem Iran. Dieses Muster war schon 1980 zu beobachten, als Gold auf sein Allzeithoch schnellte. Die zweite Ölkrise und dramatische Inflationsraten verunsicherten damals die Anleger.

Doch nicht nur Gold ist momentan gefragt, auch andere Rohstoffe ziehen stark an – Kupfer, Aluminium, Zink und Nickel verzeichnen Rekordstände. Platin hat mit 1.322 Dollar pro Feinunze ein Allzeithoch erreicht.

Beim Gold ist jedoch nicht sicher, ob es seinem Rekordniveau von 1980 tatsächlich nahe kommt. Denn die Minen steigern ihre Goldproduktion; zugleich geht die Nachfrage zurück. In den traditionellen Abnehmerländern Indien und Türkei wird weniger Schmuck gekauft, der rund 80 Prozent der Goldnachfrage ausmacht.

Auch für die deutschen Juweliere ist der steigende Goldpreis „ein Thema“, wie es beim Bundesverband heißt. „Preissteigerungen sind beim Schmuck unvermeidlich.“ Allerdings hoffen die Juweliere darauf, dass „bei echter Handarbeit der Materialwert nicht so entscheidend ist“.NICOLA LIEBERT
ULRIKE HERRMANN