Eine irritierende Lücke im Geflecht

THEATER In der Schwankhalle dekonstruiert Kristina Brons manchmal ein wenig zu nebulös den Traum vom großen Glück in ihrer Adaption des Dokumentarfilms über den „Monarchen“ Diethardt Wendland

Atmosphärische Dichte bricht Brons immer wieder auf

Es ist die erste Theaterinszenierung in der „Havarie“, der temporären Rauminstallation von Tobias Lange und Anja Fußbach im alten Saal der Schwankhalle, der seine Benutzer ausdrücklich auffordert, ihn sich anzueignen: Sein ganzes Mobiliar, Tresen, Jukebox und Sitzmöbel, steht auf Rollen. Zugleich steht die Kneipenhaftigkeit des Raums außer Frage.

„Monarch“ ist ein Stoff, der gewissermaßen aus der Kneipe kommt: Denn hier stehen die Spielautomaten, die Diethardt Wendland, den sie „Monarch“ nannten, reihenweise „ausmistete“. Manfred Stelzer drehte 1980 einen Film über den Mann, dessen weiterer Werdegang mehr auf Gerüchten als auf gesicherten Daten basiert.

Kristina Brons siedelt seine Geschichte in einer Retro-Kulisse an: eine Wirtin mit Minipli (Janine Claßen), über deren Arbeitsplatz Schlagerplatten-Hüllen prangen, ein Musiker mit Oberlippenbart (Digger Barnes), zwei Herren, einer davon mit scheußlich brauner Lederjacke (Stephan Möller-Titel), der andere in Jeans mit Schlagtendenz und wüstbuntem Hemd (Jochen Klüßendorf). So präzise die Siebziger angedeutet sind, so unklar bleibt, ob der Herr mit der Lederjacke der Monarch ist oder nicht.

Nur manchmal scheint das eindeutig, wenn er sich, fast rührend ungeschickt, der Wirtin annähern will. Die allerdings Misstrauen gegen den Mann hegt, der sich als Kaufmann vorstellt und blumig sein Geschäftsmodell umschreibt. „Was ist wichtiger: Geld oder irgendwo eine Bindung?“ Natürlich: Geld. Dabei gelingen Momente großer atmosphärischer Dichte, die Brons immer wieder aufbricht, mal per „Reise nach Jerusalem“, mal durch Barnes’ Country-Songs: Einer, über Kindheitsträume von Freiheit, kritisiert durchaus wehmütig den Erwachsenentraum des Monarchen.

Diese sanfte Dekonstruktion vollzieht sich noch auf einer weiteren Ebene: Als sich das Ensemble auf einer Showtreppe versammelt, befragt die Wirtin den Lederjackenmann als Filmemacher – der nebulös die Wahrhaftigkeit seiner Geschichte behauptet. Ist er der Monarch? So bleibt eine irritierende Lücke im philosophischen und biografischen Geflecht des kurzweiligen Abends, der das Potenzial des Stoffs allerdings tiefer hätte ausschöpfen dürfen.  ASL