KOMMENTAR VON ANDREAS RÜTTENAUER ÜBER MÜNCHENS OLYMPIA-ABLEHNUNG
: Ein irre selbstbewusstes Votum

Welches Angebot kann Olympia den Wohlstandsgesellschaften schon machen?

Da wollen sich die regierenden Parteien in den Rathäusern von München und Garmisch-Partenkirchen, in den Kreistagen von Traunstein und dem Berchtesgadener Land die Zustimmung zu ihren Olympiaplänen für 2022 abholen, und das Volk spielt einfach nicht mit. Fantastisch. Der Millionenaufwand der schrillen „OJa!“-Kampagne hat nichts gebracht. Die geballte Münchner Medienmacht hatte eine Koalition Pro Olympia geschmiedet, in der sich die Boulevardblätter und die seriöseren Tageszeitungen zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk beim Trommeln für Olympia gegenseitig zu überbieten versuchten. Und doch haben die Neinsager gewonnen. Es ist dies ein irre selbstbewusstes Votum, wie man es selten gesehen hat.

Die „Chance für die Region“ hat die Mehrheit der Abstimmenden nicht gesehen. Denn welche Chance? Welches Modernisierungsversprechen können Olympische Spiele einer Wohlstandsgesellschaft wie der oberbayerischen bieten? Die Menschen finden gut, wie es ist. Trotzdem wollten die Kommunalfürsten, angeführt vom olympiaverblendeten Münchner OB Christian Ude, der Bevölkerung weismachen, dass es noch besser geht – mit Olympia. Argumente konnten sie keine liefern.

Stattdessen warben die Olympianer mit „nachhaltigen“ Spielen. Aber was ist nachhaltig an einer zweiwöchigen Party auf Kunstschnee, angeleitet von Put-the-hands-up-in-the-Air-Claqueuren? Was bliebe am Ende übrig, außer einem autogerecht optimierten Voralpenland? Und wer in München schon einmal eine Wohnung gesucht hat, der wird auch nicht verstehen, wie man auf die Idee kommen kann, Werbung für eine Stadt zu machen, die schon jetzt aus allen Nähten platzt. Wem es gefällt, wo er lebt, der will gewiss nicht, dass das IOC seine Heimat zum Zwecke der Gewinnoptimierung okkupiert. Die Botschaft, die von Bayern ausgeht, ist eindeutig: Die Menschen wollen sich Olympia nicht diktieren lassen.

Vielleicht aber wollen sie ein anderes Olympia, eines, bei dessen Ausgestaltung sie mitbestimmen können. Wenn das IOC endlich anfangen würde, mit den Ausrichtern darüber zu verhandeln, wie die Spiele aussehen könnten, wenn die Ausrichter sagen dürften: „Wir hätten gerne Olympia, wenn wir es ein wenig kleiner machen dürfen“, erst dann wären die Spiele auch für Deutsche wieder attraktiv. Wahrscheinlich ist ein solcher Sinneswandel beim IOC nicht.