Streiter für die Gleichberechtigung der Sinti
: Die Grass‘sche Einladung

Bevor die Feierstunde zur Verleihung des Otto-Pankok-Preises allzu einig geriet, wandte sich Günter Grass an Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU). „Ich lade ein zum weiterführenden Gespräch über den Minderheitenschutz in Schleswig-Holstein“, sagte er mit der getragenen Würde des Nobelpreisträgers und Preis-Stifters. Um fortzufahren: „Weil der Minderheitenschutz in Schleswig-Holstein gescheitert ist.“ Der Ministerpräsident hustete. Bislang sind in der Landesverfassung nur die Friesen und Dänen als Minderheit geschützt, nicht aber die Sinti und Roma.

Günter Grass, der 1997 die Stiftung zugunsten des Romavolks gründete, hat sich am Montag im Lübecker Rathaus nicht zum ersten Mal zum Fürsprecher einer Verfassungsreform gemacht. Bereits 1998, als SPD und Grüne einen entsprechenden Antrag eingebracht hatten, war Grass zur Unterstützung nach Kiel gereist. Vergeblich. CDU und FDP stimmten dagegen. Aus der CDU verlautbarte, dass die Sinti und Roma nicht landestypisch seien, eine Formulierung, die angesichts der Verfolgung durch die Nationalsozialisten für viele einen unguten Beigeschmack hatte. Derweil befürchtete die FDP, aus der Verfassung einen Warenhauskatalog zu machen. Nun haben Grüne und SSW erneut einen Entwurf zur Verfassungsreform vorgelegt, der eine Gleichstellung der Minderheiten vorsieht – und die Liberalen haben sich angeschlossen. Die Regierungsparteien wollen keine Veränderung des Artikels.

Im Lübecker Rathaus lobte Grass die Regelung, die man in Rheinland-Pfalz unter dem ebenfalls angereisten Ministerpräsidenten und frisch gekürten SPD-Vorsitzenden Kurt Beck fand: Dort hat man im letzten Jahr eine Rahmenvereinbarung zwischen Landesregierung und dem Landesverband der Sinti und Roma getroffen. „Kurt Beck kann Ihnen sicher Ratschläge geben“, so Grass zu Carstensen. Der würdigte die mit dem Pankok-Preis geehrten Kieler Sinti-Moderatorinnen als „Mittlerinnen zwischen den Kulturen“ und verwies darauf, dass es „noch heute für Sinti und Roma die Erfahrung gesellschaftlicher Ausgrenzung“ gebe. Dabei ließ er‘s bewenden. grä