NICK REIMER ÜBER DAS SOLAR-CHAOS BEI DER CSU
: Parteifreunde ohne Telefon

Die CSU vermag als bayrische Staatspartei bekanntlich trefflich, bayrische Interessen zu vertreten. Zum Beispiel bei der Solarförderung: In keinem anderen Bundesland boomt die Sonnenstromernte so wie im Freistaat. Allein 2009 gingen 25.000 Neuanlagen ans Netz, ein Investitionsschub, der beispiellos ist in der Republik. Und damit soll nun Schluss sein? Nicht doch, sagt die CSU in München und will ein Vermittlungsverfahren im Bundesrat.

Dummerweise nämlich regiert die bayrische Staatspartei auch in Berlin mit. Und dort betrieb sie ganz massiv eine Kürzung der Solartarife. Die Umlagelast, die dem Bürger durch den Sonnenstromboom aufgebürdet werde, sei nicht länger hinnehmbar.

Nun also soll der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss zwischen der Politik der bayrischen CSU und der Berliner CSU finden: ein politisches Lehrstück, in dem der Scheinwerfer sich zunächst auf den Egoismus richtet. Kann ja sein, dass sich die in Berlin regierende CSU dem Wohl des Verbraucherportemonnaies annimmt. Sobald sich dadurch aber die Geldbörsen der Bayern nicht weiter wie gewohnt füllen, wird Widerstand aufgebaut. Das ist klassische Klientelpolitik. Zweitens wird deutlich, wie beliebig Argumente hin und her geschoben werden. Während die CSU in Berlin durch das neue Regelwerk den Ausbau des Solarstandorts gestärkt sieht, prophezeit die CSU in München durch das gleiche Regelwerk ein Zusammenbrechen der Branche.

Vor allem aber offenbart sich die die Qualität der politischen Kommunikation. Da beschweren sich CSU-Chef Seehofer (München) und CSU-Landesgruppenchef Friedrich (Berlin) über die Euro-Rettungspläne der Kanzlerin, die sie erst aus der Zeitung erfahren hätten. Ob die beiden wohl mal über die Solarförderung telefonierten?

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