Wem gehören die Bilder wirklich?

TASKFORCE Die Behörden wollen Gurlitt einen Teil des Kunstfunds zurückgeben. Experten suchen die anderen Eigentümer

MÜNCHEN taz | Noch immer ist unklar, wem genau die Bilder aus dem Schwabinger Kunstfund gehören. Sowohl Unterstützer des bisherigen Besitzers Cornelius Gurlitt als auch vermutliche Erben der Raubkunst kritisieren, dass diese Unsicherheit schon zu lange dauert. Nun ist eine Entscheidung gefallen: Bilder, die aus dem Privatbesitz von Gurlitts Vater Hildebrand stammen – ein Teil der insgesamt rund 1.400 Werke, die in der Münchner Wohnung gelagert wurden – soll der heute 80-jährige Sohn Cornelius wiederbekommen.

Eine vom Freistaat Bayern und dem Bund eingesetzte Expertengruppe solle „so schnell wie möglich“ klären, welche Werke sich „zweifelsfrei im Eigentum des Beschuldigten“ befinden, teilte die Augsburger Staatsanwaltschaft mit. Das könnten mehrere Hundert Bilder sein.

Die Taskforce soll auch nach der Herkunft der anderen Bilder forschen. Werke, die als verschollen galten, stellt sie auf die Website lostart.de. Bislang sind dort 25 Bilder aus dem Schwabinger Fund zu sehen, insgesamt dürften es etwa 590 werden, heißt es. „Wir erwarten sehr zügig erste Teilergebnisse“, sagt Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Seine Behörde habe bereits an die hundert Anfragen aus aller Welt erhalten, ob ein vermisstes Bild unter dem Fund sei. Wenn das Werk dabei ist, leiteten sie die Anfrage an die Taskforce weiter.

Im Ausland rätselt man: Warum so heimlich?

Die internationale Gruppe wird geleitet vom Provenienzforscher Uwe Hartmann. Zu den Mitglieder gehört auch Meike Hoffmann von der Forschungsstelle für „Entartete Kunst“ der FU Berlin, die die Bilder bereits seit Längerem untersucht.

Für Spannungen hatte gesorgt, dass die Jewish Claims Conference (JCC) nicht beteiligt werden sollte (s. Interview). Nach Protesten entsendet sie jetzt doch noch zwei Experten. Es ist nur einer von vielen Fauxpas der deutschen Behörden, die vor allem im Ausland Befremden ausgelöst haben. So verstehen viele nicht, wieso die deutschen Behörden den Kunstfund eineinhalb Jahre lang geheim gehalten haben – auch vor den möglicherweise rechtmäßigen Besitzern.

Am liebsten würden Kanzleramt und Justiz die Angelegenheit schnell entskandalisieren. Deshalb hatten sie öffentlichkeitswirksam vorgeschlagen, einen Deal mit Gurlitt abzuschließen: Dieser solle alle Bilder freiwillig abgeben, dafür werde das Verfahren gegen ihn eingestellt – eine vermeintlich elegante Lösung, die jahrelanges juristisches Gezerre um die Eigentumsrechte verhindern sollte. Blöd nur, dass weder Gurlitt noch die Staatsanwaltschaft an einer solchen Lösung interessiert ist. Der 80-jährige Kunsterbe hat gerade erst im Spiegel erklärt: „Freiwillig gebe ich nichts zurück.“

Ursprünglich wurde gegen Gurlitt wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung ermittelt – doch der Vorwurf kann sich ändern, wie Nickolai erklärt: „Wir prüfen erst den Sachverhalt und schauen dann mit der passenden rechtlichen Brille drüber.“ Ebenso kann es sein, dass am Ende gar nichts mehr gegen Gurlitt vorliegt. K. ANTONIA SCHÄFER