Mächtige Niedersachsen

FRACKING Das niedersächsische Bergamt ist zuständig für die Entscheidung, ob auf Hamburger Gebiet nach Schiefergas gesucht werden darf oder nicht. Das hat der Hamburger Senat nun bestätigt

Die Übertragung der Hoheitsrechte gilt seit einem Abkommen aus dem Jahr 1957

Darf das niedersächsische Landesamt für Bergbau darüber entscheiden, ob und wo in Hamburg nach Bodenschätzen gesucht werden darf? Wie eine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator jetzt ergab, hält es der Senat nicht für notwendig, diese Frage gutachterlich klären zu lassen: Die Zuständigkeit sei an sich klar, solle aber im Sinne der Rechtssicherheit durch eine entsprechende Anordnung verdeutlicht werden.

Die Frage ist interessant, weil Energiekonzerne in der norddeutschen Tiefebene nach Schiefergas suchen: gebundenem Erdgas, das nur durch das Aufsprengen des Gesteins in großer Tiefe freigesetzt werden kann. Das Verfahren nennt sich „Fracking“. Die Branche erwartet, damit große zusätzliche Vorkommen erschließen zu können. Die USA hoffen, unabhängig von Einfuhren zu werden, was einer geopolitischen Revolution gleich käme. Anwohner, Wasserwerker und Umweltschützer warnen, das Verfahren sei gefährlich für die Umwelt. Ihre Sicht dominiert in Europa.

Wegen der merkwürdigen Konstruktion, dass das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) fürs hamburgische und auch schleswig-holsteinische Flachland zuständig sein soll, hatte die Piraten-Fraktion im Kieler Landtag beim wissenschaftlichen Dienst des Parlaments ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es kam zu dem Schluss, das LBEG sei nicht zuständig. Dessen Erlasse seien „anfechtbar, soweit sie noch nicht bestandskräftig geworden sind“.

Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (Grüne) warnte dagegen vor einer „Schlupflochdiskussion über Behördenstrukturen“. Ein Fracking-Verbot sei nur politisch durchzusetzen, glaubt er.

In Hamburg haben sich speziell die CDU und die Linke des Themas angenommen. Sie hatten in Frage gestellt, ob bei einer mehrmaligen Veränderung der Behördenstruktur in Niedersachsen auch die Hoheitsrechte in Bezug auf Hamburg und Schleswig-Holstein übergegangen seien. „An der Übertragung der Hoheitsrechte hat sich seit dem Abschluss des Abkommens 1957 nichts geändert“, antwortete der Senat der Abgeordneten Dora Heyenn (Die Linke). Nach der jüngsten Strukturreform sei das Abkommen 2008 um den Hinweis ergänzt worden, dass fürderhin das LBEG zuständig sei.

Eine letzte Unklarheit gelte es noch zu beseitigen, räumte der Senat ein. Deshalb arbeitet er daran, die „Anordnung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Bergrechts“ anzupassen. Aber das solle lediglich „zur Rechtssicherheit beitragen“, beteuerte er.  GERNOT KNÖDLER