Bordelle bleiben Gaststätten

INNENMINISTERKONFERENZ Vorstoß Lage von Sexarbeiterinnen zu verbessern gescheitert: Von einem staatlichen Prüfsiegel für Bordelle wollen Kollegen von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nichts wissen

Die Innenminister der Länder haben einen Vorstoß ihres Bremer Kollegen Ulrich Mäurer (SPD) vorerst abgelehnt, mit dem dieser Prostitution stärker regulieren und die Lage von Sexarbeiterinnen verbessern wollte. Das Thema wurde auf die nächste Innenminister-Konferenz (IMK) vertagt. Sie findet im Herbst statt.

Mäurer hatte einen Beschluss angeregt, mit dem die IMK den Bund auffordern sollte, das Prostitutionsgesetz zu erweitern. Demnach hätte es künftig eine Erlaubnispflicht für Bordelle, eine Anmeldepflicht für Prostituierte und eine Anhebung des Mindestalters für Prostituierte auf 21 Jahre geben sollen.

Die Bremer Innenbehörde hatte ihren Vorstoß damit begründet, dass das 2002 verabschiedete Prostitutionsgesetz die Lage von Sexarbeiterinnen nur sehr begrenzt verbessert habe. Als besondere Neuerung galt seinerzeit, dass das Gesetz Prostituierten ermöglicht, Beiträge in die Sozialversicherungen einzuzahlen. Davon hatte man sich erhofft, die soziale Lage der Frauen zu verbessern und zugleich die kriminellen Begleiterscheinungen des Rotlichtmilieus zurückzudrängen.

Darüber hinaus aber blieb das Gewerbe weitestgehend unreguliert: Man scheute sich, Prostitution zu einem Beruf wie jedem anderen aufzuwerten. Bis heute sind Bordelle deshalb als solche nicht genehmigungsfähig. Sie laufen in der Regel entweder als Gaststätten oder als „Beherbergungsbetriebe“.

Eine Evaluation der Bundesregierung aus 2007 ergab, dass die Ziele des Prostitutionsgesetzes kaum erreicht wurden. Nach einer Schätzung des „Koordinierungskreises gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess e.V.“ sind bislang nur etwa ein Prozent aller Prostituierten in den Sozialversicherungen gemeldet. Dass das Bordellgewerbe nach wie vor weitgehend in einer Grauzone liegt, begünstige Menschenhandel, ausbeuterische Zuhälterei und Gewalt gegen Frauen.

Vor allem von der Heraufsetzung des Mindestalters versprach sich Mäurer Erfolge. Laut Bundeskriminalamt sind 57 Prozent der meist aus Südost- und Osteuropa nach Deutschland gebrachten Opfer von Menschenhandel unter 21 Jahre alt. Dass diese Frauen hier zur Prostitution gezwungen werden, gilt als sicher, lässt sich jedoch oft nur schwer nachweisen.

„Mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Gefahr, dass sich junge Frauen durch falsche Versprechungen oder romantische Vorstellungen zur Prostitution überreden lassen, deutlich ab“, argumentiert die Bremer Beschlussvorlage für die IMK. Zur Realisierung schlägt sie eine ans Gewerberecht angelehnte Konzessionierung vor. Damit könnten Bordellbetreiber einer „Zuverlässigkeitsprüfung“ unterzogen werden. So sollten „Standards zum Schutz der Allgemeinheit, der Freier und der Prostituierten“ durchgesetzt werden.

Doch einigen Ministerkollegen war die Vorstellung, Bordelle mit staatlichem Prüfsiegel zu adeln, offenbar nicht geheuer. „In der Sache gab es unterschiedliche Auffassungen“, sagte der Hamburger IMK-Sprecher Frank Reschreiter. „Bremens Sicht wurde so nicht von allen geteilt“.

Ganz gescheitert ist die Initiative damit allerdings noch nicht. Weil einige Länder „weiteren Beratungsbedarf“ hatten, sei das Thema bis zur nächsten IMK in einen Arbeitskreis verwiesen worden. CJA