Tingeltour statt WM

Die türkische Elf tut Buße für die verpasste WM-Qualifikation und testet in Bochum WM-Neuling Ghana

Mehr als Glück braucht der WM-Neuling freilich bessere SpielerDabei war es trotz Schafskälte ein munteres Spiel vor knapp 10.000 Türkei-Fans

BOCHUM taz ■ Hamit Altintop gegen Lukas Podolski, der türkische Nationalspieler aus Gelsenkirchen lässt dem Deutsch-Polen keine Chance. Doch die beiden Bundesligastars duellierten sich am Freitagabend nur auf der Titelseite des Stadionmagazins. Die Wirklichkeit des türkischen Fußballs ist sehr viel trister.

Wie zur Buße für die verpasste Teilnahme an der Fußballweltmeisterschaft tingelt das Team von Nationaltrainer Fatih Terim neun Tage durch verregnete deutsche Fußballstadien. Der WM-Dritte von 2002 spielt diesmal im Vorprogramm der WM, gibt für Saudi-Arabien, Angola und Ghana den Sparringspartner. Trainer Terim versucht trotzdem das Beste aus der Strafexpedition zu machen: „Wir bauen ein neues Team aus jungen Spielern“, sagte er nach dem 1:1 Unentschieden gegen Ghana im Bochumer Ruhrstadion. Und dann war auch er schon wieder beim Fußballhauptprogramm: Ghana und vor allem den beiden Türkei-Legionären der Westafrikaner wünsche er viel Glück bei der WM.

Mehr als Glück braucht der WM-Neuling freilich bessere Außenverteidiger und gefährlichere Stürmer. Für den serbischen Trainer der Afrikaner Ratomir Djukovic kein Grund zur Panik: „Mit den Sturmreihen“, so der einstige Torwart von Roter Stern Belgrad, habe ja schließlich die ganze Welt ihre Probleme – „außer Brasilien“, setzte Djukovic lächelnd hinzu.

Aber ob mit Ghana – die ihr Auftaktspiel gegen Turnierfavorit Italien bestreiten und dann gegen Tschechien und die USA spielen – tatsächlich zu rechnen ist? Wenn Spieler und Trainer weiter die äußeren Umstände bemängeln, eher nicht: „Nicht unser Wetter“, sagte Djukovic. Dabei war es trotz Schafskälte ein munteres Spiel vor knapp 10.000 Türkei-Fans und zweihundert ghanaischen Zuschauern. In der ersten Halbzeit wurden die Außenspieler Ghanas immer wieder von den Türken überrannt: Sie kicken sonst nur in der israelischen Profiliga. Doch auch Ghanas Bundesligaprofis – etwa der Ex-Dortmunder und jetziger Mainzer Otto Addo – machten es wenig besser. Nach einer schlappen Halbzeit wurde er ausgewechselt – er habe „einen Hänger“ gehabt, sagte er nachher. Auch Ex-Bayer und Jetzt-Römer Sammy Koffour spielte fußballvorsintflutlich. Immer wieder ließ er sich als letzter Mann aus der Abwehrkette fallen. Doch auch das war für Ghanas Coach kein Grund zur Sorge: „Es ist halt seine Art“.

Und tatsächlich hat Djukovic für seinen gelassenen Optimismus auch ein paar gute Gründe: Einer heißt Razak Pimpong, spielt in Kopenhagen und wirbelte nach seiner Einwechslung schnell und trickreich auf der linken Seite. Und der massige Regisseur Stephen Appiah – sonst bei Fenerbahce aktiv – beherrschte in der zweiten Hälfte eindeutig das Spiel. Seinen Pass nutzte Dortmunds Matthew Amoah zum Ausgleich, sonst blieb auch der zweite Bundesligist schwach.

Während Ghana noch zwei Testspiele auf der britischen Insel austrägt, bevor sie in Würzburg ihr WM-Quartier aufschlagen, bleiben die Türken im Land. Wenigstens haben sich sich für ihr Nachsitzen ganz besonders stimmungsvolle Stadion ausgesucht: Am Dienstag ist am Bieberer Berg in Offenbach Saudi-Arabien ihr Testgegner.

CHRISTOPH SCHURIAN