UNTERM STRICH

Der Verleger und Publizist Wolf Jobst Siedler ist am Mittwoch im Alter von 87 Jahren gestorben. Siedler prägte die Buchlandschaft der Bundesrepublik entscheidend mit. Fast 20 Jahre leitete er die Verlage Ullstein und Propyläen und den von ihm mitgegründeten Siedler Verlag.

Als Verleger veröffentlichte er etwa die Memoiren von Michail Gorbatschow und die wohl bekannteste Biografie von Adolf Hitler. Mit Daniel Goldhagens „Hitlers willige Vollstrecker“ löste Siedler eine heftige Debatte über Antisemitismus in Deutschland aus. Parteiennähe hat der 1926 Geborene immer gemieden. Mehrmals schlug er den Posten des Berliner Kultursenators aus.

Als Klassiker auf dem Gebiet der modernen Architektur gilt Siedlers Buch „Die gemordete Stadt“ von 1964 über Bausünden im westlichen Berlin nach 1945. So sehr er die Nachwende-Bauten in der Hauptstadt als „Warenhaus der Weltarchitektur“ aufs Korn nahm, den Streit um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses hat er nie verstanden. Siedler glaubte, dass seine Heimatstadt wieder auf die Beine kommt, weil Berlins Mythos unzerstörbar sei.