Deutsches Geld für bulgarischen Atomstrom

Zoff auf der heutigen Hauptversammlung der Deutschen Bank: Aktionäre wollen Kredit für AKW-Bau verhindern

BERLIN taz ■ Mit Atompolitik müssen sich heute die Aktionäre der Deutschen Bank befassen. „Wir werden auf der Hauptversammlung einen entsprechenden Antrag stellen“, kündigte Henry Mathews vom Dachverband Kritische Aktionäre an.

Es geht um die Finanzierung des bulgarischen Atomkraftwerkes Belene. „Anfang des Jahres hat Bulgariens Energieminister Sewliewski deutsche Banken abgeklappert, um Geld aufzutreiben“, sagt Regine Richter, Sprecherin der Umweltorganisation Urgewald. Offenbar lockt ein attraktives Geschäft: Sowohl die Deutsche Bank als auch die HypoVereins- und die Commerzbank bekundeten Interesse.

Das AKW Belene – im Norden Bulgariens gelegen – ist eine Bauruine. Der Bau wurde 1985 begonnen, aber wegen Umweltprotesten, mangelnder Wirtschaftlichkeit und Sicherheitsbedenken gestoppt. Allerdings hat Bulgarien ein Abkommen mit der EU. Danach wird Bulgarien nur dann in die EU aufgenommen, wenn es das andere AKW Kosloduj abschaltet. Fast 4.000 Megawatt Kraftwerksleistung müssen also ersetzt werden. Zum Beispiel mit Hilfe von Belene: Seit 2003 verfolgt die bulgarische Regierung das Projekt erneut.

Um den Bau bewerben sich zwei Konsortien: Einerseits bietet die tschechische Škoda-Allianz – die schon zuletzt das AKW Temelín in Tschechien baute. Andererseits bietet die russische Atomstroyeksport gemeinsam mit dem französisch-deutschen Atomkonzern Areva NP, an dem Siemens 34 Prozent hält.

Interessant ist diese Bieterkonstellation, weil Atomstroyeksport bislang immer gegen, nicht mit Areva NP geboten hat. Der russische Konzern Gazprom hält bedeutende Anteile sowohl an Škoda-Allianz als auch an Atomstroyeksport. Auf Gazproms „Wunschliste“ steht der Bau von Belene, zum Einsatz kommen soll russische Technik.

„Das ist doch grotesk: Der eine gefährliche russische Reaktor muss abgeschaltet werden und soll durch einen anderen gefährlichen russischen Reaktor ersetzt werden“, sagt die bulgarische Umweltaktivistin Albena Simeonova. Zudem liege Belene in einer Erdbebenregion. Simeonova: „Wenige Kilometer neben der AKW-Baustelle starben 1977 bei einem Erdbeben 200 Menschen.“ Die Mitbegründerin der bulgarischen Ökologie-Bewegung entging nur knapp zwei Anschlägen.

Die Deutsche Bank verwies gestern auf ihre strengen Prüfregeln für die Kreditvergabe. Nur ein sicher betriebenes AKW garantiere den Rückfluss der Mittel. Ein Sprecher erklärte, die Antwort auf die kritischen Aktionäre werde „in etwa so ausfallen wie auf der Hauptversammlung der Commerzbank“. Auch dort waren am 17. Mai die Kritiker aufgetreten. Bankchef Klaus-Peter Müller hatte dort gesagte, dass das Thema Belene sei „derzeit nicht relevant“. NICK REIMER