Abbas verlängert sein Ultimatum an Hamas

Die Verhandlungen zwischen den zerstrittenen palästinensischen Fraktionen sollen aber fortgesetzt werden

RAMALLAH taz ■ Der Gemüsehändler Issam Yahija in Ramallah im Westjordanland hegt keinen Zweifel an unlauteren Motiven von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. „Die Fatah will die Hamas zu Fall bringen, ganz egal, wie“, sagt er. Für ein Referendum oder gar Neuwahlen sei jetzt nicht die Zeit. Sollten Neuwahlen stattfinden, werde „keiner mehr hingehen“.

Abbas verlängerte gestern mit Rückendeckung des PLO-Exekutivkomitees sein Ultimatum an die von der Hamas gestellten Regierung. Sollten die Minister bis morgen nicht das so genannte Gefangenendokument, das zur Zwei-Staaten-Lösung und der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aufruft, annehmen, will Abbas darüber ein Referendum und möglicherweise auch Neuwahlen einleiten.

Die Volksbefragung müsste innerhalb von vierzig Tagen stattfinden. In dieser Zeit könnte der Dialog zwischen den zerstrittenen Fraktionen fortgesetzt werden. „Die Vorbereitungen für das Referendum werden weitergehen, aber wenn wir einen Tag oder eine Stunde vor dem Referendum zu einer Einigung gelangen, sind wir bereit, diese umzusetzen“, resümierte Exminister Jassir Abbed Rabbo die Beratungen des PLO-Exekutivkomitees. Auch Regierungschef Ismail Hanijeh appellierte an eine Fortsetzung der Verhandlungen.

„Das Volk wünscht sich ein Referendum“, ist sich der 21-jährige Student Mahmud Abade sicher. Er findet das von in Israel inhaftierten politischen Führern aller palästinensischer Fraktionen formulierte Dokument einfach „fantastisch“. Abade ist Mitglied der Fatah-Jugend. Er sieht es nicht als Problem an, dass Abbas die Regierung unter Druck setzt, „schließlich leben wir in einem Präsidialsystem“.

Abbas, der vor drei Jahren als erster palästinensischer Premierminister unter dem damaligen Präsidenten Jassir Arafat stets auf eine Ausweitung der Kompetenzen für den Regierungschef drängte, setzt sich nun über das Kabinett hinweg. Sollten die vom Volk gewählten Politiker gegen das Gefangenendokument entscheiden, will das PLO-Exekutivkomitee, das die Palästinenser in der Heimat und im Exil vertritt, ein Referendum einleiten, an dem nur die in den besetzten Gebieten lebenden Menschen teilnehmen können.

Eine Gruppe inhaftierter Hamas-Anhänger distanzierte sich von der geplanten Volksbefragung. Es gebe dafür keine Rechtsgrundlage. In der vorläufigen palästinensischen Verfassung wird die Möglichkeit eines Referendums nicht erwähnt.

SUSANNE KNAUL