Nehlsen macht mit Recycling Gewinne

Gestern wurde im Industriehafen bei der Firma Nehlsen die erste Anlage zur Wertstofftrennung von Gewerbemüll in Betrieb genommen – Die Deutsche Umwelthilfe sieht positive ökologische Effekte

Ähnlich monströs wie die Bezeichnung präsentierte sich der Bau selber: Eine turnhallengroße „Gewerbeabfallaufbereitungsanlage“ stellte der Bremer Abfall-Konzern Nehlsen am Donnerstag vor. Auf dem Nehlsen-Gelände im Industriehafen sollen künftig jeden Tag 240 Tonnen Gewerbeabfall die Anlage passieren. Mittels Infrarot-Sensoren werden recyclingfähige Stoffe wie Holz, Metall oder Kunststoffe automatisch aussortiert. Der Rest wird zu so genannten „Ersatzbrennstoffen“ weiterverarbeitet. Diese sollen in einem Zement- und einem Heizkraftwerk zur Energiegewinnung verbrannt werden.

Vier Millionen Euro hat Nehlsen sich die Anlage kosten lassen, „20 bis 30“ neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Eine Sprecherin von Nehlsen erklärte, das Unternehmen habe die „erste Anlage dieser Art in Deutschland errichtet“. Dabei sind sie dem Hamburger Müll-Entsorger Bestsort nur knapp zuvorgekommen. Dieser eröffnet in den nächsten Monaten eine vergleichbare Anlage – mit der doppelten Kapazität.

Die technischen Möglichkeiten zur Müllsortentrennung sind keineswegs neu. Hintergrund der plötzlichen Aktivitäten der Entsorgungsbranche ist die so genannte „Technische Anleitung Siedlungsabfall“ (TASI). Seit deren inkrafttreten im vergangenen Jahr ist die unbehandelte Lagerung von Gewerbemüll nicht mehr zulässig. Hierdurch sind die Entsorgungspreise für Gewerbeabfall von unter 50 auf deutlich über 100 Euro pro Tonne gestiegen. Dies macht den Betrieb von Anlagen wie der von Nehlsen lukrativ.

Eva Leonhard, Abfall-Expertin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), sieht positive ökologische Effekte. „Rund 30 Prozent der Gewerbeabfälle sind wiederverwertbar. Früher sind diese Wertstoffe einfach auf die Deponie gewandert. Jetzt werden sie recycelt,“ so die DUH-Sprecherin.

In unmittelbarer Nachbarschaft von Nehlsen will die swb-Gruppe den umgekehrten Weg gehen. Wie schon vor einigen Wochen angekündigt, soll auf dem swb-Gelände im Industriehafen ein Gewerbemüll-Kraftwerk entstehen. Ab 2008 sollen Stoffe, die aus Anlagen wie der von Nehlsen als nicht-recyclingfähig aussortiert werden, zur Stromerzeugung verbrannt werden. Genug Müll für beide ist offenbar vorhanden. Eine Sprecherin der swb erklärte, man habe „keine Befürchtungen“, die beiden Anlagen könnten sich gegenseitig derart Konkurrenz machen und dass Auslastungslücken entstünden. Schon jetzt habe man Verträge mit Restmüll-Lieferanten in „ausreichender Höhe“ abgeschlossen. Dabei wird erst Ende des Jahres mit dem Bau des swb-Kraftwerks begonnen. Allerdings: Aus bis zu 300 Kilometern Entfernung soll der Gewerbeabfall zum Verfeuern nach Bremen geschafft werden. In Verhandlungen mit den möglichen Restmüll-Lieferanten Nehlsen von nebenan stehe man nicht, hieß es bei der swb.

Christian Jakob