Charmant aus der Zeit gefallen

STADTBAD WIRD SANIERT

Die Sauna öffnete um 7.30 Uhr – zu einer Zeit, in der der Prenzlauer Berg heute noch pennt

Gleich nach der Wende war ich zum ersten Mal im Stadtbad Oderberger Straße. Der Badebetrieb war längst zu Ende, doch die Sauna gab es noch. Und mit ihr die DDR-Öffnungszeiten. Samstag ging es um 7.30 Uhr los, zu einer Zeit, in der der Prenzlauer Berg heute noch pennt.

Ein bisschen aus der Zeit gefallen war das schmucke Bad aus dem Jahr 1902 schon immer. Als auch die Sauna zumachte und sich eine Genossenschaft um den Erhalt bemühte, fanden im Trockenbecken die ersten Kunst-Events statt. Auch die taz war mit ihrer Weihnachtsfeier mal auf dem Boden des Schwimmbeckens vertreten. Eine Sanierung war da noch nicht in Sicht. Volksbad oder Luxusbad stand da zur Debatte.

Nun gibt es eine Mischung aus beidem. Am Mittwoch dieser Woche hat die GLS Sprachschule einen Förderbescheid von einer Million für die denkmalgerechte Sanierung bekommen. Das sind die einzigen öffentlichen Mittel. Weitere 12 Millionen bringt die Schule auf, die im Kiez einmal als Feindbild gesehen wurde, weil sie das hübsch marode Quartier aufwerte.

Tatsächlich aber ist die GLS wohl der Retter des Stadtbads, weil sich alle anderen Retter, auch die Genossenschaft, verhoben haben. Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, wird es ab 2015 ein Hotel, Seminarräume, ein Bad und eine Saunalandschaft geben. Von Montag bis Freitag aber ist Badebetrieb zu Bäderbetriebspreisen, wie Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner betont. Auch das ist charmant aus der Zeit gefallen. Wo rund um Oderberger und Kastanienallee alles entweder zu Eigentum oder Event wird, entsteht hier wieder ein öffentlicher Ort. Nur die Sauna wird wohl erst um elf Uhr öffnen. UWE RADA