Die Ökodiktatur

GREEN ECONOMY China setzt wieder zum großen Sprung an. Es treibt die „grüne Wirtschaft“ voran. Westliche Experten sind begeistert. Aber kann das gut gehen?

■ Schwarze Zahlen: Nach einer kurzen Schwächephase Mitte des Jahres wächst die chinesische Konjunktur rasant weiter: Im November legte die Industrieproduktion um zehn Prozent zu. 2013 wurden 16 Millionen Autos verkauft, also 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

■ Grüne Vorsätze: Auf dem dritten Plenum des Politbüros im November gab die Führung der Kommunistischen Partei die Losung aus, dreckige Industrien reduzieren zu wollen. Energie soll teurer werden, um zum Sparen anzuregen. Bis 2015 sollen mehr als 700 Milliarden Dollar umgesetzt werden – für Abwassersysteme, Filter, saubere Energien, aber auch AKWs.

■ Rote Lösungen: Die Ziele des Fünfjahresplans zum Ausbau erneuerbarer Energien sind ehrgeizig. Bis 2020 sollen Wind und Sonne 135 Gigawatt liefern, so viel wie hundert große Atomkraftwerke. Dennoch sieht der Plan bis 2020 nur einen Anteil von 15 Prozent regenerativer Energien vor – etwa die Hälfte aus umweltschädlichen Großstaudämmen.

■ Braunes Übel: 80 Prozent des chinesischen Stroms werden weiter aus Kohle kommen. Die Staatsführung will diesen Verbrauch nun erstmals deckeln. Einzelne Regionen haben das schon verordnet und testen den Emissionshandel.

■ Klares Problem: Zur größten Schwierigkeit entwickelt sich das verdreckte und immer knapper werdende Wasser. Gigantische Umleitungsprojekte sollen es aus dem Süden in den Norden führen.

AUS PEKING, WUXI UND SCHANGHAI BERNHARD PÖTTER

Nur eine kleine weiße Wolke steigt aus den Schornsteinen. Das Gaskraftwerk Fentai liegt versteckt zwischen Wohnblocks und einer großen Baustelle am südwestlichen Rand von Peking. „Keine Fotos, keine Handys!“, befiehlt der Wachmann am Werkstor in seiner militärisch grauen Uniformbluse. Dabei ist im Kesselhaus, auf dem in frischem Blau der Name des Staatskonzerns Huadian strahlt, nur vorbildliche sozialistische Energiewirtschaft zu begutachten: blitzblanker Linoleumboden, ein friedlich brummender Generator und rote Parteibanner, die „Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung“ beschwören.

Huadian Fentai ist ein Vorzeigekraftwerk für die nächste, die grüne Revolution, die in China gerade ausgerufen wird. Das erklärt der „politische Direktor“ des Kraftwerks, Wang Bin, in seinem schmucklosen Büro: „Die Regierung hat zwei Milliarden Yuan investiert, um hier das sauberste und umweltfreundlichste Kraftwerk Chinas zu bauen.“ Das sind immerhin 250 Millionen Euro. Der Strom sei teurer als der aus Kohle, aber die Grenzwerte für Staub, Schwefel, Lärm und Stickstoff würden weit unterschritten, sagt Wang Bin und bittet an seinen Schreibtisch. Auf dem Computer zeigt er eine Grafik, „das ist auch alles online, jeder kann sich informieren“. Die Botschaft ist klar: Die Regierung kümmert sich, die Regierung schenkt euch reinen Wein ein. Seine Pressesprecherin gießt bitteren Tee nach.

Die Offensive ist dringend nötig. Im Reich der Mitte ist der Unmut über Luftverschmutzung, verpestetes Wasser und verseuchte Böden inzwischen so groß, dass die Regierung politische Unruhe fürchtet. Prompt hat sie im Frühjahr verkündet, jetzt werde die Umwelt geschützt. Und dabei arbeitet sie nicht mit Müslimethoden. Sie installiert eine Ökodiktatur, die ähnlich funktionieren soll wie Einparteiensystem, Überwachungsstaat und Wirtschaft: pragmatisch, technokratisch und von oben befohlen.

Das moderne China, diese Mischung aus Hightech und Dritter Welt, aus Konsumismus und Kommunismus, aus Raubtierkapitalismus und sozialistischer Totalkontrolle hat einen gigantischen Feldversuch gestartet. Es plant eine green economy auf Chinesisch, und die internationale Umweltcommunity ist begeistert: China werde mit grüner Technik das 21. Jahrhundert ökonomisch dominieren, seine Bevölkerung in Ökostädten unterbringen und der Energie aus Wind und Sonne zum Durchbruch verhelfen, hoffen Umweltschützer und Forscher.

Jorgen Randers, renommierter Klimaberater aus Norwegen und für den Club of Rome, sagt es deutlich: „Die Kommunistische Partei Chinas ist ein wohlmeinender Diktator, der das Richtige tut. Diese Entscheidungen nützen der Umwelt langfristig und wären in einer demokratischen Gesellschaft nur schwer durchzusetzen.“

Lässt sich eine grüne Kulturrevolution von oben befehlen? Auf den ersten Blick sieht es ganz so aus. Low carbon development gilt als das nächste große Ding, inzwischen gibt es offiziell über hundert Ökostädte, die Regierung investiert 600 Milliarden Euro in grüne Industrien, weg vom Dreck, hin zu sauberen Dienstleistungen. Umweltschutz wird als „harmonische Gesellschaft“ in der Verfassung verankert und Ökotechnik von der neuen Regierung unter Premier Li Keqiang als „Schlüsseltechnologie“ gefeiert.

Die städtische Mittelklasse wird umweltbewusst

Auf der UN-Klimakonferenz von Warschau im November versuchte die chinesische Delegation noch einmal zu bremsen. Doch abseits des Plenums mit seinen Fensterreden machten die Chinesen klar: Es führt auch für sie kein Weg mehr vorbei an CO2-Obergrenzen und aktiver Umweltpolitik.

China ist der größte Investor in erneuerbare Energien weltweit. Das Land baut Wind- und Solarparks mit zwei Dritteln der Kapazität aller deutschen Kraftwerke. Es hat Tausende von kleineren und dreckigen Kohlekraftwerken geschlossen, aus dem Nichts eine Solarindustrie aufgebaut und seine Energieeffizienz fast verdoppelt. China testet den Emissionshandel, baut Recyclingsysteme auf, beginnt seine verseuchten Flüsse zu sanieren und forscht an Elektroautos für den Weltmarkt.

Planer aus Europa und den USA staunen über die Projekte. Staudämme, Stromleitungen, Solarfabriken werden im Rekordtempo ins Land betoniert, in den Industrieländern würde das zu langwierigen Protesten und Prozessen führen. Alles entschieden und finanziert von der scheinbar allmächtigen Zentralregierung, der offenbar allwissenden Planungsbehörde National Development and Reform Commission, in der die Fäden der Wirtschaftsplaner zusammenlaufen und der omnipräsenten Kommunistischen Partei.

Das Zentralkomitee hat im November gerade diesen Kurs abgesegnet: mehr ökonomische Freiheit für Unternehmen, weg von den Dreckschleudern der Schwerindustrie. Auch die Partei weiß, dass die Ökoanstrengungen bislang nur halbherzig sind. Das Land befindet sich mitten in einem großen Sprung nach vorn, der die Ökonomie aufbläht, aber die Ökologie ruiniert. Erst reich werden, dann den Dreck wegräumen, das war über die vergangenen 30 Jahre die Devise einer beispiellosen Aufholjagd für das 1,3-Milliarden-Volk.

Dieses Wachstum hat seinen Preis. Die Umweltdaten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sind verheerend: 300 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser, 40 Prozent der Flüsse schwer verseucht, erschreckende Lungenkrebsraten durch die absurd hohe Feinstaubbelastung in den Städten. Der Kohlendioxidausstoß liegt pro Einwohner inzwischen so hoch wie in Europa. Und der Preis lässt sich auch ökonomisch beziffern. Bis zu 13 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts, so schätzt die chinesische Akademie der Wissenschaften, verliert das Land durch Umwelt- und Gesundheitsschäden.

Kann eine grüne Diktatur das ändern? Oder bedroht ein green deal die Machtposition der Kommunistischen Partei?

In den Großstädten formiert sich der Widerstand in der aufstrebenden Mittelklasse, die reich genug ist, sich um die Umwelt zu sorgen. Erstaunlich oft gibt die Regierung nach. Als im Frühjahr Tausende Einwohner von Jiangmen gegen eine geplante Uranfabrik protestierten, verschwanden die Pläne wieder. In der Küstenstadt Qidong wurde 2012 eine Abwasserpipeline gestoppt, nachdem wütende Fischer den Sitz der Stadtregierung verwüstet hatten. Im Frühjahr 2013 waberte dann wochenlang der Smog durch die Hauptstadt, die zum „greying“ mutierte. Die Herzinfarktrate verdoppelte sich, die Krankenhäuser waren voll von Kindern mit Atemproblemen.

Man hätte gern eine offizielle Erklärung der Regierung dazu, aber solche Anfragen verlaufen im Sand. Die Partei hat Angst, dass der Ökoprotest in allgemeinen politischen Unmut umschlagen könnte, sagen viele Beobachter. Erstmals hat deshalb die neue Parteiführung im März erklärt, Umweltschutz sei wichtig, und ein „wirtschaftliches Wachstum um jeden Preis“ dürfe es nicht geben. 7 Prozent Wirtschaftswachstum sei genug, um das Land stabil zu halten und das Schlimmste zu verhindern.

„7 Prozent ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Folgen reichen immer noch für eine Katastrophe“, sagt Michael Büsgen, Leiter der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Peking. Auf dem verschrammten Holztisch im Konferenzzimmer stehen Tee und Wasser. Draußen drückt die Augusthitze graue Abgaswolken in die Straßen. Büsgen ist schon lange in China. Und entsprechend pessimistisch. Eine Trendwende zur grünen Wirtschaft sieht er nicht. „Das Wachstumsmodell beruht immer noch auf fossilen Brennstoffen und billigen Ressourcen.“ Sein Chef Ralf Fücks hat gerade in einem Buch mit dem Titel „Intelligent wachsen“ argumentiert, dass Wachstum auch grün sein könne, wenn es durch Effizienz und erneuerbare Energien befeuert werde. In China sieht Fücks eine „Übergangskrise zu einem neuen, auf Innovation und Qualität gegründeten Wachstumsmodell“. Büsgen hat da nicht so viel Hoffnung. Für ihn gibt es für China nur eine Konsequenz: „Nachhaltiges und geringeres Wachstum, dafür eine gerechtere Verteilung des kleineren Zuwachses.“ Bisher komme vom Reichtum nur wenig bei den normalen Leuten an, vieles versickere durch Korruption und bei den Eliten. Reichtum gerechter zu verteilen hieße politische Reformen.

Die aber sieht die chinesische Ökodiktatur nicht vor. In den westlichen Demokratien hat die Ökobewegung schnell die Machtfrage gestellt und ist in die Parlamente eingezogen. Den chinesischen Machthabern sei so eine Perspektive ein Gräuel. Sie hätten Angst vor einem Wandel wie im ehemaligen Ostblock, wo sich grüne Dissidenten zusammengefunden hätten, um letztlich das System abzuschaffen, schreibt Elizabeth Economy, Expertin des US-Thinktanks Council on Foreign Relations, in ihrem Standardwerk zur Ökopolitik in China „The River Runs Black“. Die Ökos seien keine Bewegung. Sie beständen aus einer lebhaften Bloggerszene im Netz, aus Hunderten von Umweltgruppen mit unklarem rechtlichem Status und ungesicherter Finanzierung, aus Beamten der Umweltbürokratie und vielen, aber vereinzelten Protestaktionen.

Laut Economy hat es grünes Denken in China schwer. Zwar werde die Harmonie in der Natur gepriesen, Berge und Seen gälten in der Tradition als heilig, aber die Geschichte zeige eine „tief verwurzelte Tradition, die Erde für die menschlichen Bedürfnisse auszubeuten, mit wenig Bewusstsein für die Grenzen der Natur“.

Ein grün-rotes Denken ist noch fern. Aber Zhu Daijian arbeitet daran. Es ist ein schwüler Augustmorgen in Schanghai. Draußen, vor dem luxuriösen Kingswell-Hotel, zeigt sich die Dynamik der 20-Millionen-Metropole in Verkehrsinfarkt und Baustellenchaos. In der Lobby, von der Klimaanlage kräftig heruntergekühlt, spricht der Ökonom von der Tongji-Universität, die hier gleich um die Ecke liegt, von „Stabilität“. Zhu greift sich seinen Latte macchiato. Das Semester beginnt, er hat nicht viel Zeit, aber das muss er doch erklären. Freundliches Gesicht, runde Brille, fließendes Englisch, Zhu sitzt auf vielen Podien, im Frühjahr war er auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg, um den Deutschen ihre Flausen zu China auszureden. Die Regierung jongliere mit vielen Herausforderungen gleichzeitig, sagt er: Bevölkerungswachstum, Überalterung, ökologischer Krise und der Angst vor sozialen Unruhen, wenn das Wachstum einbricht. „Bei uns wird alles wachsen, auch noch in den nächsten Jahren: Bevölkerung, Wirtschaft, Energieverbrauch.“

Anders als in Europa müssten hier Straßen, Häuser, Krankenhäuser und Fabriken noch gebaut werden. Bis 2030 würden 300 Millionen Menschen – einmal die Bevölkerung der USA – vom Land in die Städte ziehen. Um das zu bewältigen, brauche es Stabilität, sagt Zhu. Veränderung komme für ihn aus dem System: „Wenn ich an der Parteihochschule unterrichte, sage ich den Kadern: Ihr müsst nicht nur rot sein, sondern auch grün.“

Öko sei der Türöffner für Demokratie, sagen viele

Doch der Farbenwechsel gehe nur langsam voran. Es gebe zu wenig Geld für den Umweltschutz, und das versickere auch noch zum Teil. Zhu schnappt sich das Notizbuch des Reporters und zeichnet schwungvoll Grafiken hinein: „Ihr Deutschen seid unser Vorbild, ihr habt Wirtschaftswachstum, euer Energieverbrauch sinkt. Wir schaffen es nur, das Wachstum des Energieverbrauchs zu begrenzen. Und auch das ist schon eine riesige Aufgabe.“ Vielleicht 2020, sagt er, verdiene ein Chinese im Schnitt umgerechnet 10.000 Dollar im Jahr. Das gelte als magische Grenze, wo Umweltbewusstsein beginnt. „Bis dahin müssen wir versuchen, die Energieeffizienz so schnell zu steigern wie das Wirtschaftswachstum.“ Das Wachstum liegt derzeit bei knapp 8 Prozent. Die Effizienzsteigerung bei 4 Prozent. Es gibt also viel zu tun.

Öko als Türöffner für mehr Demokratie, das sagen viele chinesische Umweltschützer. Aber erst, nachdem ein offizielles Interview vorbei ist. Die Debatte ist gefährlich, weil die Partei ihre Macht nicht infrage gestellt sehen will. Lokale Proteste werden geduldet, aber eine Ökoopposition mit politischen Forderungen darf es nicht geben. Die Regierung weiß: Werden die Proteste gebündelt, war das in Chinas Geschichte häufig der Anfang vom Ende einer Herrschaft.

Viele Umweltschützer vermeiden daher die Konfrontation. Sie stärken lieber die schwachen Umweltbehörden gegen Provinzpolitiker, die nur auf Wachstum setzen. „Wir brauchen eine dritte Instanz, die die Zusammenarbeit von Partei und Staatskonzernen überwacht“, sagt Fuqiang Yang, Energieexperte der Umweltorganisation NRDC. Und eine bessere Rechtsprechung, die auch Umweltverbänden Klagerecht einräumt. „Es wird mehr Macht für den Prozess von unten nach oben geben“. Ähnliches hofft Li Shuo von Greenpeace China: „Die Themen Klima und Energie sind Boten der sozialen Entwicklung. Bald werden sich auch andere Wirtschaftsbereiche öffnen.“

China baut die größten Windparks der Welt – aber in der Ökologisierung der Gesellschaft steht es da, wo sich Deutschland in den siebziger Jahren befand: beim „Nimby“-Syndrom. Not in my backyard!, das war der Schlachtruf der Ökos, die sich gegen Chemiefabriken und Atomkraftwerke wehrten, aber anfangs ohne Idee einer Alternative, ohne Informationen und ohne Zugang zu politischen Entscheidungen. Das kam erst später, über eine politische Ökobewegung. In China lassen sich Projekte durch öffentlichen Druck inzwischen manchmal verhindern. Aber Alternativen aufzuzeigen, können sich die Menschen kaum vorstellen.

Umso erstaunlicher ist die Arbeit von Ma Jun. Der Journalist ist einer der bekanntesten Umweltschützer und Direktor des Institute for Public and Environmental Affairs, kurz IPE. Man hat Glück, wenn man ihn für ein paar Minuten am Mobiltelefon erwischt, und muss in Kauf nehmen, dass vielleicht jemand mithört. Das IPE hat erstmals einen Atlas der Wasserverschmutzung in China angelegt – mit öffentlichen Daten von Behörden und Unternehmen. Die Wasserkrise sei noch schlimmer als die Luftprobleme, sagt Ma. Denn Wasser sei nicht nur verseucht, es werde auch immer knapper.

Ma plant bereits den nächsten Coup. Er will, dass die Regierung ihre Daten aus dem milliardenteuren Überwachungssystem für Luft und Wasser öffentlich macht. Wohin führt diese Transparenz? Fordern die Menschen dann als nächsten Schritt mehr Informationen etwa über die Finanzen der Partei? „Die Leute wollen gute Regierungsführung.“ Wie schnell kommt dann die Forderung nach einer guten Regierung? „Wir sind Umweltschützer“, sagt Ma vorsichtig, „wir sind nicht verantwortlich dafür, was andere fordern.“

Es heißt immer, Demokratien schützen die Umwelt besser als Diktaturen. Wäre ein politischer Umbruch in China also gut für Mensch und Umwelt?

Eine chinesische Insiderin der Klimaverhandlungen ist unsicher. Aus ihrem Büro schweift der Blick über den dunstigen Norden Pekings. Hat sich die Umweltsituation in Russland seit dem Ende der Sowjetzeit verbessert? „Hm.“ Die Ökobilanz der Demokratiesupermacht USA? „Frustrierend“, sagt die Expertin. Fortschritt in der weltgrößten Demokratie Indien? „Extrem langsam. China ist da viel effizienter.“

Die Europäer sollten nicht so tun, als hätten sie den Königsweg zur green economy gefunden, meint auch Doris Fischer von der Uni Würzburg: „Die Länder des Westens sollten China keine Vorträge halten, als ob sie selbst schon Lösungen für das Kernproblem des Wachstums gefunden hätten“, schreibt sie in einem Aufsatz. „China ist, wie der Rest von uns, noch auf der Suche.“

Auf der 14-spurigen Ausfallstraße Jianguo Lu im Pekinger Einkaufsviertel Guamao donnern Busse und Kleintransporter Richtung Osten. Direkt neben der Shoppingmall namens Central China und der Avenue de Luxe liegt das Kohlekraftwerk Guohua. Der Himmel darüber ist schmutzig grau.

Dreckschleudern wie diese will die Zentralregierung eigentlich schon lange abschaffen, aber bisher ging es kaum voran. Ende August drohte sie, im kommenden Winter werde die Regierung von Peking für starken Smog „zur Verantwortung gezogen“. Sorge der Bürgermeister nicht für saubere Luft, so interpretieren das chinesische Umweltexperten, dann werde er gefeuert.

Ist das jetzt öko, weil es um grüne Ziele geht? Oder Diktatur, weil es den Bürgermeister undemokratisch unter Druck setzt? „Auf jeden Fall“, sagt eine Regierungsberaterin lakonisch, „ist es die einzige Art, in China etwas zu erreichen.“

Bernhard Pötter, 48, ist taz-Redakteur für Wirtschaft + Umwelt. Er schreibt über deutsche und internationale Umweltpolitik. Diese Recherche wurde durch ein Stipendium der Bosch-Stiftung finanziert