Ton-Kraftwerk im Freibad

Ein neues Treffen für Knöpfchendreher: Das internationale „Open Source“-Festival in Düsseldorf

Über Düsseldorf schreiben und über elektronische Musik, heißt immer auch: mit Kraftwerk beginnen. Also bei den Wurzeln. Im Jahre 1974 beschworen die Elektro-Avantgardisten mit ihrem so simplen wie plakativen Song „Autobahn“ („Wir fahr‘n, fahr‘n fahr‘n / auf der Autobahn“) die durch und durch technisierte Welt und landeten damit einen außerordentlichen Hit. Und zwar nicht nur hierzulande, auch und gerade in den USA. Seither dringen immerzu neue elektronische Klänge aus der Landeshauptstadt in die weite Welt: Mouse On Mars. Kreidler. Phoneheads. Sie alle kommen aus Düsseldorf. Bloß ein eigenes Festival, das sich dem Genre Elektro widmet, das gibt es hier nicht.

Nein, stopp, Korrektur: Das gab es in Düsseldorf bisher nicht. Vergangenheitsform. Denn ab August soll sich auch hier, neben Elektro-Festivals wie „c/o pop“ in Köln oder „Juicy Beats“ in Dortmund, ein regelmäßiges Hochamt der Knöpfchendreher etablieren. So jedenfalls plant es der Künstlerische Leiter des neuen „Open Source“-Festivals, Philipp Maiburg, den die Frage, warum Düsseldorf im Festivalkalender fehlt, schon lange umtreibt. Aus gutem Grund: Maiburg ist als Inhaber des Plattenlabels Combination Records und als Head des Drum‘n‘Bass-Duos Phoneheads selbst Teil der (Düsseldorfer) Szene. Und ab kommendem Sommer auch Festivalveranstalter.

Mit seinen beiden Mitstreitern, den frisch gebackenen Veranstaltungskaufmännern Florian Pehle und Christian Fleischer, hat Maiburg das Strandbad Lörick als Standort auserkoren. Zwei Bühnen unter freiem Himmel sollen bespielt werden, außerdem – nach 22:00 Uhr, wenn draußen gesetzlich verordnete Ruhe herrschen muss – eine Bühne im angrenzenden Café. Und obschon es sich hier um ein Debüt handelt – das Setup der Bands kann sich durchaus sehen lassen. Als Headliner wird die britische Achtzigerjahre-Zitat-Band Zoot Woman spielen, deren Hirn Stuart Price unlängst als Produzent der neuesten Madonna-Platte in Erscheinung trat. Die Kinderbuchautorin wird übrigens einen Tag später in Düsseldorf spielen, wenn die Beats von DJ Koze, Egoexpress, Kabuki, Orson und etlichen anderen, die sich für „Open Source“ angekündigt haben, lange schon über der Stadt verhallt sind.

4.000 Besucher erwarten die jungen Veranstalter. Eine überschaubare Zahl. Und doch fanden sie sich irgendwann im Arbeitskreis Großveranstaltungen der Stadt Düsseldorf wieder. Dort wurde gerade über die Außenwette von „Wetten dass...“ verhandelt. Was Maiburg und Co. dann doch etwas sonderbar fanden. Sie hier? Komisch. Wenngleich „Open Source“ kein einmaliger Spaß werden soll. „Das soll sich entwickeln“, sagt Pehle. Seitens der Stadt scheint das kein Problem zu sein. Von dort aus sei viel „positives Feedback“ gekommen, ergänzt Maiburg. Nun können nur noch zwei Lebewesen in die Quere kommen: Einerseits nachtaktive Falter, deretwegen schon kein Flutlicht angebracht werden darf. Die andere Spezies ist allerdings gefährlicher: die der lärmüberempfindlichen Anwohner. BORIS R. ROSENKRANZ

Strandbad Lörick, Düsseldorf 19. August 2006 Infos: 01805-644332