Eins zu null

Streams aus der Philosophievorlesung: Die Erweiterung des Klubradio-Prinzips im „Radio Einszueins“-Projekt

Wie geht es mit dem Radio weiter? Jetzt, da mit dem MP3-Player ein so attraktives wie markenaffines, vor allem aber individuierendes Leitmedium in die Öffentlichkeit Einzug hielt. Kaum eine Vermittlungsform hat ja schneller reüssiert als der Podcast, im vergangenen Herbst noch Nerd-Hoffnung, dann kam Harald Schmidt auf Apples Download-Plattform iTunes, und alles ging ganz schnell.

In Berlin arbeitet ein kleiner Zirkel seit Jahren an der schönst möglichen Vereinbarkeit neuer Technologien mit dem alten Radioprinzip. Bekannt geworden sind Pit Schulz und Guido Plonski durch den Verein Bootlab e.V., in dessen Räumen in Mitte die Podcasts von twen.fm entstehen oder die Internet-Streams des Dienstleisters klubradio.de. Das Klubradio-Prinzip der direkten Übermittlung von den Orten des Geschehens wird nun in einem befristeten Radioprojekt inhaltlich erweitert. Beschränkt sich klubradio.de auf Streams aus den Klubs Berlins und auf elektronische Musik, so bezeichnet das Team von Radioeinszueins seine Inhalte als inhaltlich breiter konzipiertes „Veranstaltungsradio“. Die Aktivisten Schulz und Plonski, ergänzt um Redakteur Alexis Waltz senden auf UKW 95,2 und im Internet unter http://radioeinszueins.de diesmal nicht nur aus dem Maria am Ufer und 103, sondern auch aus Theater-, Theorie- und Literaturinstitutionen.

So überträgt Radioeinszueins Diskussionen aus dem Einstein Forum in Potsdam, Vorlesungen aus FU und HU oder Theater aus der Volksbühne Berlin. Technische Umsetzung und inhaltliches Konzept zeigen dabei, wie Radio in Zukunft vielleicht funktionieren kann: Das Geschehen vor Ort wird als Podcast aufgezeichnet, in einem Webblog veröffentlicht, von der Radioredaktion möglichst wenig bearbeitet, an- und abmoderiert und schließlich ausgesendet. So versteht sich die Redaktion also nicht als Meinungsinstanz, sondern sieht ihre Aufgabe eher als Moderation vieler, diverser Stimmen. Von Klangkunst bis Indie werden alle möglichen Musiken zu hören sein, nur den Mainstream überlässt man denen mit den ultrastarken Sendemasten. 24 Stunden am Tag lassen dabei Platz für DJ-Mixe und Mischformate. Beim Testhören in einer Hinterhofwohnung nahe Yorckstraße zeigt sich die Frequenz ungestört, der Old-Skool-Drum-’n’-Bass-Mix wummert zum Frühstück. Eins zu null.CHRISTOPH BRAUN

Im Juni und Juli auf UKW 95,2 und unter http://radioeinszueins.de