Bundesregierung drängt Ostländer

Steinbrück berät mit Länderkollegen über Solidarpakt. Jeder zweite Euro wird nicht ordnungsgemäß verwendet

BERLIN afp ■ Die Bundesregierung drängt die ostdeutschen Länder, das Geld aus dem Solidarpakt zum Aufbau Ost künftig den Regeln entsprechend zu verwenden. „Länder, die das Geld nicht ordnungsgemäß eingesetzt haben, müssen dringend wieder auf den Pfad der Tugend zurück“, sagte der für den Aufbau Ost zuständige Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestern in der ARD.

Bei dem für gestern Abend geplanten Treffen mit den Ostfinanzministern wollte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) dafür werben, dass die Länder die Solidarpaktmittel nicht für ihre regulären Aufgaben verwenden. Nach einer Ende Mai veröffentlichten Studie haben die ostdeutschen Länder im vergangenen Jahr jeden zweiten Euro aus dem Solidarpakt II nicht nach den gesetzlichen Vorgaben verwendet. Er sichert Ostdeutschland bis 2019 aus dem Bundeshaushalt und dem Länderfinanzausgleich 156 Milliarden Euro zu.

Aber auch unter den Ostländern zeichneten sich Differenzen darüber ab, ob die Verwendungsregeln gelockert werden sollten. Thüringen und Sachsen-Anhalt wollen die Gelder auch für Bildungsausgaben einsetzen. Dafür setzte sich der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ein.

Tiefensee sagte, ein erhobener Zeigefinger des Westens gegenüber den Ostländern nutze wenig. „Denn wir müssen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die neuen Länder auf eigenen finanziellen Beinen stehen können.“ Steinbrück wollte nach Angaben seines Sprechers bei dem Treffen mit seinen ostdeutschen Länderkollegen darauf dringen, dass die Kriterien für die Verwendung der Solidarpaktmittel nicht aufgeweicht werden. Es sei unter den Ländern unstrittig, dass Mittel falsch eingesetzt werden, sagte der Sprecher. Es drohten „riesige strukturelle Probleme“ sobald die Mittel ausliefen.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sprach sich dafür aus, die Einsatzmöglichkeiten der Solidarpaktgelder auszuweiten. Damit solle sichergestellt werden, dass die Verwendung für Forschung und Gewerbe keinen Missbrauch darstelle. Demgegenüber sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), es mache keinen Sinn, mit den Geldern aus dem Solidarpakt laufende Kosten zu bezahlen.

Der Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn (SPD), sagte, die Anpassungsprozesse zwischen Ost und West seien lange unterschätzt worden. Nun gehe es darum, realistisch an die Sache heranzugehen, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende in Berlin. In den kommenden Jahren solle ein Drittel des Personals im Landesdienst abgebaut werden, fügte er in der ARD hinzu.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) regte eine Selbstverpflichtung der neuen Länder zum Abbau der Verwaltungskosten an. „Der Verwaltungskörper muss deutlich reduziert werden“, sagte er der Leipziger Volkszeitung. Zugleich wies Ringstorff darauf hin, dass es „eine Katastrophe wäre, wenn der Solidarpakt II als Ganzes in Frage gestellt würde“.