Der Berliner Wassertisch

Eine Bürgerinitiative möchte 170.000 Unterschriften sammeln. Ziel ist ein Volksentscheid für die Offenlegung der Geheimverträge, die beim Verkauf der Berliner Wasserwerke abgeschlossen wurden

Regelmäßige Treffen:

jeden ersten Dienstag im Monat,

19 Uhr in der Muskauer Str. 20 a

(Klingel: Berliner Compagnie, Hinterhof) in Kreuzberg (U 1, Görlitzer Bahnhof)

– Nächstes Treffen: 6. Juli 2010

Informationsabend des Berliner Wassertischs am 18. Juni:

am Freitag, 18. Juni 2010 um 18 Uhr im Rathaus Schöneberg, im Raum Nr. 2112

– Informationen für Unterschriftensammler und andere am Volksbegehren Interessierte

Im Netz:

www.berliner-wassertisch.net

Es werden 170.000 Unterschriften benötigt, um einen Volksentscheid auf Landesebene durchführen zu können. Das sind ganz schön viele, aber Thomas Rudek vom Berliner Wassertisch ist zuversichtlich. „Wir haben sehr viele Unterstützer“, freut er sich und erklärt, wie sie es schaffen wollen: „Neben eigenen Sammelständen setzen wir vor allem auf das Engagement der Berlinerinnen und Berliner und auf die Unterstützung durch andere Organisationen.“ Der Volksentscheid wird unter anderem von der Verbraucherzentrale Berlin, von Mehr Demokratie e. V. und der Grünen Liga unterstützt. Zudem ist der Berliner Wassertisch selbst eine Art Netzwerk aus Organisationen. „Bei uns sind Menschen aus verschiedenen Gruppen wie zum Beispiel Attac aktiv, ebenso sind Mitglieder verschiedenster Parteien dabei“, zählt Thomas auf. Besonders betont er, dass sowohl Mieter als auch Hauseigentümer mit am Wassertisch säßen. Das Thema bewegt offensichtlich über Partei- und Milieugrenzen hinweg die Gemüter. „Wir sind sehr bunt organisiert“, so fasst Thomas das Bündnis für das Volksbegehren zusammen.

Am 28. Juni geht das große Unterschriftensammeln los und dann bleiben vier Monate Zeit, das geforderte Pensum zu erfüllen. Die überwiegende Mehrheit der BerlinerInnen dürfte mit den Zielen des Berliner Wassertisches sympathisieren. Mit der Offenlegung wollen sie eine öffentliche und unabhängige juristische Überprüfung der Geheimverträge ermöglichen. „Es muss ja mal zu einer Debatte kommen“, findet Sabine Finkenthei, die ebenfalls beim Berliner Wassertisch aktiv ist und vor allem die juristischen und formalen Aspekte im Auge behält. „Wenn keiner weiß, was in den Verträgen steht, kann darüber nicht öffentlich diskutiert werden“, erklärt die 49-Jährige. Bisher können lediglich Abgeordnete in einem abgeschlossenen Raum Einblick nehmen. Sie dürfen sich aber keine Notizen machen und sind zu Stillschweigen verpflichtet. Mit der Offenlegung der Verträge will der Berliner Wassertisch politischen Druck ausüben. Die Verträge sollen vor Gericht angefochten und die Wasserwerke auf diese Weise rekommunalisiert werden. „Die Rekommunalisierung steht eigentlich in dem Koalitionsvertrag der rot-roten Landesregierung. Nur passiert ist bisher nichts“, empört sich Thomas. „Dafür ist seit 2001 der Wasserpreis um 35 Prozent angestiegen, Wasserwerke werden geschlossen, 30.000 Quadratmeter Trinkwasserschutzgebiet sind verschwunden, und es wurden viele Stellen abgebaut“, so fasst er die Bilanz der Teilprivatisierung zusammen.

Die Argumente dürften die Aktiven für den Volksentscheid auf ihrer Seite haben. Die große Herausforderung liegt nun darin, die Kampagne logistisch gut zu organisieren. „Wir orientieren uns auch an Obama“, erklärt Thomas dazu. „Wir wollen möglichst viele Webseiten gewinnen, auf denen die Unterschriftenlisten zum Download angeboten werden. Die können sich dann alle einfach ausdrucken und selbst mitsammeln“. Und so was klappt gut, weiß Thomas zu berichten: „Unser ‚Obersammler‘ Erhard hat es bei der ersten Stufe des Volksbegehrens geschafft, in einer Woche 1.500 Unterschriften zu sammeln. Nach einem Bericht in der ‚Abendschau‘ sind selbst aus Zehlendorf Menschen gekommen, um bei ihm zu unterschreiben.“ Der Stand von Erhard war am Leopoldplatz im Wedding.

„Obersammler“ Erhard ist einer von 30 bis 40 Aktiven, die zu den monatlichen Treffen des Wassertisches kommen. Für das Sammeln von Unterschriften können aber noch mehr mobilisiert werden. „Viel hängt natürlich auch immer von der Berichterstattung in den Medien ab“, erklärt Thomas. Besonders von der „RBB Abendschau“ erhoffen sich Thomas und Sabine eine gute Berichterstattung. „Die ‚Abendschau‘ erreicht sehr viele Menschen, und wenn wir nur halb so viel Sendezeit bekommen wie das Volksbegehren für den Flughafen Tempelhof, dann sind 170.000 Unterschriften kein Problem“, ist sich Thomas sicher.

„Ganz wichtig ist es aber, dass alle ihr eigenes Netzwerk aktivieren. In der Hausgemeinschaft, in der Familie oder im Sportverein“, erklärt Sabine.

Und so sucht der Berliner Wassertisch für die kommenden Monate noch viele MitstreiterInnen, die ein bisschen Zeit spenden und mithelfen. JAL