HARRY KUNZ ÜBER ZUNEHMENDE PLEITEN BEI KRANKENKASSEN
: Politik nur für Gesunde

Die drohende Insolvenz der City BKK ist nur ein Symptom für eine grundlegende Umgestaltung der Kassenlandschaft: Nachdem aus dem Zusammengehen von Barmer und GEK Anfang 2010 Deutschlands größte Krankenkasse entstand, wird sich die Zahl der gesetzlichen Kassen weiter in hohem Tempo durch Fusionen und Insolvenzen verringern. Ihre Zahl dürfte von rund 1200 Kassen in den 90er Jahren auf voraussichtlich 20 bis 30 Kassen bundesweit schrumpfen.

Dies ist politisch gewollt und wird aktuell durch den Gesundheitsfonds forciert: Er eröffnet die Option für klamme Kassen, Zusatzbeiträge zu erheben. Da deren Höhe aber begrenzt ist, bringt er Kassen mit einer finanzschwachen Mitgliederbasis kaum Zusatzeinnahmen. Gleichzeitig verlassen immer mehr mobile, finanzkräftige und überdurchschnittlich gesunde Kunden Kassen, die Zusatzbeiträge erheben. Ergebnis: Billige Kassen haben gesunde Mitglieder und können deshalb bei freiwilligen Leistungen generöse Angebote machen, während teure Kassen mit vielen Kranken immer restriktiver entscheiden. Am Ende werden wenige intakte Kassen für Gesunde vielen kranken und maroden Kassen mit einem hohen Anteil an chronisch Kranken, Älteren und Ärmeren gegenüberstehen.

Diese Entsolidarisierung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung resultiert aus einem Denkfehler der bundesdeutschen Gesundheitspolitik: Seit der Seehofer’schen Reform von 1993 hält man parteiübergreifend unbeirrt an dem Glauben fest, mehr „Wettbewerb“ zwischen den gesetzlichen Kassen fördere die wirtschaftliche Effizienz. Tatsächlich bewirkte der Wettbewerb vor allem eine Risikoentmischung zwischen den Kassen. In der Folge buhlen die gesetzlichen Kassen längst offen nur noch um Gesunde.