Ehrenrettung scheitert vor Gericht

LETTOW-VORBECK-PROZESS

Der Versuch einer juristischen Ehrenrettung für den kaiserlichen Kolonialfeldherrn Paul von Lettow-Vorbeck ist am Mittwoch gescheitert. Das Amtsgericht Hannover sprach den Historiker Helmut Bley von dem Vorwurf frei, er habe das Andenken des 1962 verstorbenen Generals verunglimpft. Sie könne verstehen, dass die Angehörigen dessen Ansehen schützen wollten, sagte die Richterin. Es sei aber „schwierig, im Urteilswege zu bestimmen, wie jemandem zu gedenken ist“.

Lettow-Vorbeck war der Rommel des Ersten Weltkrieges. Im heutigen Tansania und Mosambik leistete er in Unterzahl britischen und portugiesischen Truppen über vier Jahre Widerstand. Weil die Truppe zwar über Tausende Kilometer ausweichen musste, aber unbesiegt blieb, wurde ihm als einzigem General eine Siegesparade durch das Brandenburger Tor gewährt. Seinen Mythos nährte er durch „Heia Safari!“, ein Jugendbuch über die Kämpfe in Ostafrika.

2007 beantragte ein Ratsherr der Linken, die hannöversche Lettow-Vorbeck-Allee umzubenennen: Der Name sei nicht mehr zeitgemäß. Anwohner klagten dagegen. Die Stadt ließ den Historiker Bley prüfen, ob sich der Name noch mit ihren Leitlinien zur Straßenbenennung verträgt. Bley urteilte: Nein. Die Straße heißt in inzwischen Namibia-Allee.

Bley fand, dass sich bei Lettow-Vorbeck „eine amoralische Position gegenüber Menschenrechten entwickelt hat, außerdem ein gestörtes Verhältnis zur Politik im Interesse des Primats des Militärischen“. Er habe in Afrika Dörfer verbrennen, Gefangene erschießen und Träger in Ketten gehen lassen. Als Teilnehmer am Kapp-Putsch gegen die Republik habe er Standgerichte eingerichtet.

Weil sich die Staatsanwaltschaft für die Bewertung der Vorwürfe nicht zuständig fühlte, strengten Lettow-Vorbecks Töchter, Ursula und Heloise zu Rantzau eine Privatklage gegen Bley an. Ein pensionierter Oberst versuchte im Sinne der Töchter darzulegen, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Beim Putsch habe er als Befehlsempfänger gehandelt. Ein Biograph Lettow-Vorbecks dagegen belegte viele Vorwürfe im Detail.

Die Richterin sprach Bley frei, weil im Vordergrund seines Gutachtens Werturteile stünden, weil er ohne Vorsatz gehandelt habe und weil die Wissenschaftsfreiheit ein hohes Gut sei.  KNÖ