Bezirksämter drohen zu vergreisen

SPARPOLITIK Bezirksbürgermeister fordern freie Hand bei der Einstellung neuer und junger Mitarbeiter

Normalerweise muss jedes Kind vor der Einschulung untersucht werden. Damit man feststellen kann, ob es körperlich und geistig reif ist, um in die Schule zu gehen. Aber was passiert, wenn nicht genug Ärzte für die Untersuchung da sind?

Vor diesem Problem steht der Bezirk Neukölln. „Normalerweise werden wir immer spätestens Ende Juni mit den Untersuchungen fertig“, sagt Klaus Morawski, Leiter des Gesundheitsamtes Neukölln. „Wir hatten das noch nie, dass wir es nicht bis September schaffen.“ Die Schule beginnt am 23. August. Für den Amtsärztemangel gibt es laut Morawski zwei Gründe: Viele Kollegen seien krank, zudem könnten freie Stellen nicht besetzt werden, da sich die Senatsverwaltung häufig querstelle.

Das Problem könnte bald nicht mehr nur Neukölln betreffen. Denn in den nächsten zehn Jahren werden in den Bezirksämtern allein altersbedingt über 6.000 Stellen frei. Und wegen der Personalpolitik der Senatsverwaltung auch nicht mehr besetzt.

Die Berliner Bezirksbürgermeister forderten daher am Mittwoch auf einem Bezirkskongress, dass Einstellungshemmnisse seitens der Senatsverwaltung wegfallen. Beispielsweise muss für eine Neueinstellung zuerst im Zentralen Stellenpool nachgefragt werden. Hier sind alle Beschäftigten aufgeführt, die in ihrer Verwaltung keine Aufgabe mehr haben. „Allerdings funktioniert das außerhalb des nichttechnischen Verwaltungsdienstes nicht“, sagt Franz Schulz (Grüne), Bezirksbürgermeister in Friedrichshain-Kreuzberg. Das heißt, dass viele Stellen nicht intern besetzt werden können. Um aber Externe einzustellen, muss ein Antrag an die Senatsverwaltung gestellt werden. Und der werde aus Kostengründen meistens abgelehnt, so Schulz.

Zudem darf jedes Bezirksamt nur drei Auszubildende pro Jahr übernehmen. Die Folge: Das Personal in den Bezirksämtern wird immer älter. So sind momentan 50,4 Prozent der Beschäftigten in den Bezirksverwaltungen über 50 Jahre alt. Ohne Nachbesetzung der Stellen wären es 2020 schon 83,3 Prozent. Es fehlten die jungen, motivierten Mitarbeiter, so Schulz. Und außerdem „findet kein Erfahrungstransfer mehr statt“. KRISTIN RUCKSCHNAT