Schwarz-Gelb ermöglicht Beteiligungen an Sparkassen

FINANZMARKT Schleswig-Holstein macht den Anfang – Kritiker befürchten, dass mit der Gesetzesänderung bundesweit die Dämme gegen eine Privatisierung der Sparkassen gebrochen sind. Auch gibt es Zweifel, ob die Neuerung mit dem Europarecht entspricht

HAMBURG taz | Im hohen Norden zieht ein Sturm auf, der die heile deutsche Sparkassenlandschaft bald zerrütten könnte. Der Landtag Schleswig-Holstein beschloss am Freitag mehrheitlich ein neues Sparkassengesetz. Zukünftig dürfen sich erstmals Kreditinstitute aus ganz Deutschland mit bis zu 25,1 Prozent an Sparkassen im nördlichsten Bundesland beteiligen. Kritiker befürchten, dass mit der Gesetzesänderung bundesweit die Dämme gegen eine Privatisierung der Sparkassen gebrochen sind.

Im Landeshaus an der Kieler Förde stimmten CDU und FDP für die „Lex Haspa“. Die Regierungskoalition von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen will damit der Hamburger Sparkasse (Haspa) die Möglichkeit eröffnen, sich an den 15 öffentlich-rechtlichen Instituten im Norden zu beteiligen – und so deren Kapitalbasis zu stärken.

Unabsehbare Folgen

Ausgerechnet die zwei größten Sparkassen des Landes sind durch die Fast-Pleite der Landesbank HSH Nordbank in eine Schieflage geraten, aus der sie sich mit Hilfe der kraftstrotzenden Haspa befreien wollen. Wenigstens den Liberalen um ihren Landesvorsitzenden Wolfgang Kubicki geht es noch um mehr: Ihr Ziel war und ist eine Privatisierung der Sparkassen.

Die Mehrheit des Sparkassenverbandes des Landes will wie Bundes-Sparkassenpräsident Heinrich Haasis die öffentlichen Strukturen vor „Aufweichungsbemühungen“ schützen. Handwerkskammern und Ver.di, Grüne, Linke und SPD befürchten, dass bundesweit nun Tür und Tor für eine Privatisierung geöffnet sind. Landessparkassengesetze untersagen bislang Beteiligungen über Landes- und Finanzgruppengrenzen hinweg. Fortan können klamme Kommunalpolitiker erstmals Kasse machen.

Die finanzpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, Monika Heinold, warnt vor „Risiken und Nebenwirkungen“. Die Folgen seien nicht absehbar. Knackpunkt ist die „Europarechtssicherheit“. Die Europäische Union hatte in einem Schreiben an Landeschef Carstensen deutlich gemacht, dass sie die Haspa als privates Kreditinstitut einstufe: Wenn die Haspa einstiege, dürfte es auch die Deutsche Bank.

Gesetz wurde nachjustiert

Die Haspa AG ist mitnichten eine normale öffentlich-rechtliche Sparkasse, die einer Kommune gehört. Alleinige Eigentümerin ist eine Finanzholding „alten hamburgischen Rechts“: Die „freie“ Sparkasse gehört sich selber. Allerdings gibt es niemanden, weder Mensch noch Firma, der „irgendeinen Cent aus der Haspa herauslösen würde“, macht Haspa-Chef Vogelsang den Unterschied zu einer privaten Großbank deutlich.

Aufgrund des EU-Briefes hatten CDU und FDP ihren ganz auf die Haspa zugeschnittenen Gesetzesvorschlag nachjustiert. Experten und Sparkassenverband zweifeln jedoch weiterhin an der Europarechtssicherheit.

Die wirtschaftsliberale Mehrheit in der EU hatte 2005 schon die Landesbanken in den rauen Wind des Kapitalmarktes entlassen. Vorausgegangen war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg. Das Ergebnis waren Pleiten in Hamburg, München und Stuttgart. HERMANNUS PFEIFFER