Ein Vorkämpfer für die Menschenrechte

Der Journalist Walter Keßler erinnert an den rheinischen Revolutionär von 1848 und US-Innenminister Carl Schurz

Eins kann man über Carl Schurz bestimmt nicht sagen: dass sein Leben ereignisarm und langweilig gewesen wäre. Innerhalb weniger Jahrzehnte legte der gebürtige Rheinländer gleich zwei ungewöhnliche Karrieren hin. Jede für sich hätte ihm schon einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert.

1829 in Liblar bei Köln geboren, ist der junge Student Schurz einer der führenden 1848er-Revolutionäre in Bonn, wo er sich im Demokratischen Verein engagiert. Nach der Niederlage der Revolutionäre entkommt er 1849 nur knapp aus der Festung Rastatt, in der die letzten revolutionären Truppen von der preußischen Armee eingeschlossen worden waren. Schurz flieht in die USA und als er 1906 in New York stirbt, ist er unter anderem: ehemaliger Generalmajor im amerikanischen Bürgerkrieg; ehemaliger Botschafter, Senator und Innenminister der Vereinigten Staaten; außerdem Journalist, Publizist, Redner, mehrfacher Ehrendoktor und überhaupt einer der bekanntesten Deutschamerikaner seiner Zeit und bis heute.

Die Lebensgeschichte von Carl Schurz hat nun Walter Keßler in einem im Kölner Greven Verlag erschienenen Buch nachgezeichnet. Der Autor, Jahrgang 1939, ist Journalist und war bis 2004 Leiter der Redaktion der Katholischen Nachrichtenagentur in Nordrhein-Westfalen. Außerdem ist er seit 1978 Sprecher des Carl-Schurz-Kreises in Erftstadt. Er sympathisiert also mit Schurz, empfiehlt ihn im Nachwort auch explizit als „Vorbild“: „Die Grundsätze von Schurz, die sich an den Menschenrechten orientieren, haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren.“

Tatsächlich hat Schurz für vieles gekämpft, was heute selbstverständlich ist: Bürgerrechte, Abschaffung der Sklaverei, Schutz der Umwelt – um nur einiges zu nennen. Auch für die Indianer hat sich Schurz als Innenminister eingesetzt, wie Keßler betont. Er wendet sich damit entschieden gegen die Darstellung, Schurz sei der Indianerfeind gewesen, als der er in Dee Browns Klassiker „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“ dargestellt wird: „Er will die Indianer sesshaft machen und zivilisieren – eine für seine Zeit moderne Ansicht, ganz entgegen dem Spruch, der General Sherman zugeschrieben wird: Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.“

Politisch hielt es Schurz in den USA zumeist mit den Republikanern. Für Abraham Lincoln machte er Wahlkampf. Ein Linker war er nicht, Karl Marx hatte er im August 1848 beim Kongress der rheinischen und westfälischen Demokraten in Köln selbst erlebt. Seinen Eindruck von dem Ur- und Übervater der modernen Linken schilderte er später so: „Was Marx sagte, war in der Tat gehaltreich, logisch und klar. Aber niemals habe ich einen Menschen gesehen von so verletzender, unerträglicher Arroganz des Auftretens. Jeden, der ihm widersprach, behandelte er mit kaum verhüllter Verachtung.“ Da hielt sich Schurz doch lieber an den Bonner Professor Gottfried Kinkel, seinen Mentor, den er später unter abenteuerlichen Umständen aus preußischer Haft befreite.

Trotz aller Sympathie für Schurz – Keßler ist es gelungen, das Buch angenehm nüchtern und sachlich zu halten. Allerdings ist es auch sehr kurz geraten, eigentlich zu kurz: Denn Keßler hat viel und gründlich recherchiert, hat Archive von Erftstadt bis Washington durchforstet. Trotzdem kam gerade mal ein schmales Din-A5-Büchlein mit 136 Seiten inklusive zahlreicher Fotografien heraus. So verschafft das Buch leider kaum mehr als einen kleinen Ein- und Überblick in das zweifellos faszinierende Leben von Carl Schurz.

DIRK ECKERT

Walter Keßler: „Carl Schurz. Kampf, Exil und Karriere“. Greven Verlag Köln 2006, 136 Seiten, 14,90 Euro