Geschäftsmann muss für 26 Jahre ins Gefängnis

TADSCHIKISTAN Schuldspruch wegen Vergewaltigung und Polygamie. Opposition: politisches Verfahren

BISCHKEK taz | Die tadschikische Justiz hat den Geschäftsmann Sajid Saidow am 25. Dezember zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht befand den 55-jährigen Tadschiken der Polygamie, Vergewaltigung und Bestechung sowie des Betruges und Menschenhandels für schuldig. Die Opposition spricht von einem politisch motivierten Verfahren. „Unsere Gerichte schalten Andersdenkende und Oppositionelle aus“, sagt der Vizechef der Islamischen Partei der Wiedergeburt, (Machmadali Hait).

Saidow, dem ein von Schmuck- bis Baufirmen reichendes Firmenkonglomerat unterstand, galt lange als Protegé des tadschikischen Präsidenten Emomali Rachmon. Als der Geschäftsmann im Frühjahr die Partei Neues Tadschikistan gründete, begann der Abstieg. Im Mai wurde er festgenommen. Die tadschikische Macht bereinigte die politische Landschaft vor der Präsidentschaftswahl. Im November wurde der seit 1994 regierende Staatschef Emomali Rachmon mit 80 Prozent wiedergewählt. Der von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als undemokratisch kritisierte Urnengang fand ohne wirkliche Oppositionskandidaten statt.

Saidow hatte bis zu der Verhaftung einen schillernden Lebenslauf. Nach der Unabhängigkeit 1991 schlitterte Tadschikistan in einen Bürgerkrieg zwischen der von Moskau gestützten Regierung und der von Islamisten dominierten Opposition. Saidow gehörte der Opposition an. Der Friedensschluss von 1997 sah eine Machtbeteilung der Opposition vor, die im Exil in Nordafghanistan ausgeharrt hatte. Saidow erhielt das Industrieministerium, das er bis 2007 leitete. Nach seinem Ausscheiden zog Saidow ambitionierte Bauprojekte in der Hauptstadt Duschanbe hoch. Das zentralasiatische Land gehört laut Weltbank zu den ärmsten Ländern der Erde.

Saidows wirtschaftlicher Erfolg wurde trotz der Loyalität zu Rachmon in den Machtzirkeln des Präsidenten mit Argusaugen betrachtet. Saidows Parteiengründung sei ein Versuch gewesen, einen Schlag gegen sein Geschäftsimperium abzuwehren, vermuten Beobachter.

Der Plan ging schief. Vor allem der Vergewaltigungsvorwurf einer Minderjährigen weckt Zweifel. Denn die Vaterschaft des aus der angeblichen Vergewaltigung hervorgegangenen Kindes widerlegte ein DNA-Test. Neben seiner standesamtlich angetrauten Frau soll Saidow weitere Familien gegründet haben. Obwohl vom Gesetz verboten, lassen sich viele Tadschiken vom örtlichen Mullah die zweite oder dritte Ehe segnen. MARCUS BENSMANN