Springer in Transformation

DIGIZUKUNFT Den angeschlagenen Ruf zu bessern, ist viel schwieriger als jeder Kampf um Marktanteile

Nach den Insolvenzen der Frankfurter Rundschau, der Financial Times Deutschland und der Nachrichtenagentur dapd vor einem Jahr fuhr ein Schrecken durch die Zeitungsredaktionen. War das nun der Anfang vom Untergang von Gewerbe und Beruf? Inzwischen weiß man, es waren Fälle verfehlter Unternehmensstrategien, bei denen nach langem Hinhalten die Reißleinen gezogen wurden. Der Satz vom Schuss, den man gehört habe, gehört aber seither zum Vokabular der Veränderung in jedem Verlag, so viel Bewegung wie heute war nie.

Einen Verlag gibt es jedoch, der einem das Gefühl gibt, es hätte dieses Schusses nicht bedurft. Axel Springer ist permanent in Bewegung und Vorreiter der Transformation, weg von Print, hin zum Digitalen, was angesichts der Auflagen-Fallhöhe der Kernmarke Bild nur zu verständlich ist. Über Bezahlmodelle im Internet redet man nicht lange, sondern probiert sie in der Realität des Internets aus. Ein Printpaket aus regionalen Tageszeitungen und sämtlichen Zeitschriften wird gleich im Milliardenumfang geschnürt und zum Verkauf gestellt. Die traditionsreiche Berliner Morgenpost hat ihren Sitz im alten Zeitungsviertel schon verlassen und sitzt jetzt irgendwo am Ku’damm.

Ein Dezemberabend im Deutschen Architekturzentrum. Präsentiert werden drei vorläufige Gewinner eines Wettbewerbs für einen Springer-Campus neben dem Axel-Springer Haus. Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner beschreibt seltsam nachdenklich, fast zurückhaltend die Idee des Projekts, Räume für die neuen digitalen Unternehmungen des Konzerns mit Beziehungen zur alten Zentrale zu schaffen. Die digitale Zukunft ist keine sichere Bank. Ganz und gar nicht zurückhaltend sind die vorgestellten Entwürfe. So wie einst der Bau des Springer-Hochhauses direkt an der Mauer senden sie vor allem ein Signal der Überlegenheit aus. Aber an wen?

In keiner Organisation, keiner Partei, keiner Redaktion sitzen heute so viele alte Achtundsechziger zusammen wie in der Axel-Springer-Straße, beschäftigt mit dem einen Projekt, der Transformation des Images des Verlags. Das ist ein noch schwierigeres Vorhaben als die Digitalisierung. Das Alte will einfach nicht weg.

Karl-Heinz Ruch, 59, taz-Geschäftsführer, liest gern auf Papier, längst auch auf eFlächen