Problembakterien am Strand

Badespaß mit Bakterien: Sie haben Furcht erregende Namen, aber nicht alle Bakterien sind Krankheitserreger. Als Schmutzindikator können sie sich trotzdem eignen

BERLIN taz ■ „Gesamtcoliforme Bakterien“ bleiben unbehelligt. Seit Neuestem interessiert die EU sich nicht mehr für sie. Die Bakterien sind aus dem Messkatalog für die Badeseen herausgestrichen worden. Und das, obwohl sie bei hoher Konzentration Vereiterungen von offenen Wunden auslösen können. Aber gesamtcoliforme Bakterien sind kein Indikator für belastete Gewässer, denn sie kommen auch in der freien Natur vor und verraten daher nicht unbedingt, ob Gewässer wirklich verschmutzt sind oder nicht.

Da sind die beiden Bakterien „Escherichia coli“ und „Enterokokke“ als Schmutzindikator verlässlicher. Trotz ihres gefährlich klingenden Namens „fäkalcoliforme Bakterien“ sind sie eigentlich zwei ganz harmlose Kerle, denn sie lösen keine Krankheiten aus. Zu Hause sind sie im Darm von Menschen und Tieren, doch über Abwasserleitungen aus Siedlungen und Landwirtschaft begeben sie sich auf Wanderschaft und begegnen manches Mal ihren ehemaligen Wirten im Badesee aufs Neue. Dort werden sie dann als „Anzeigenkeime“ beschimpft, weil sie eine wichtige Eigenschaft besitzen: Außerhalb ihres angestammten Zuhauses im Magen oder Darm können sie sich nicht vermehren.

Wo also ein „Escherichia coli“ herumtreibt, da sind auch Fäkalien. In ihrer Gesellschaft gedeihen daher alle Organismen prächtig, die von Kloake oder Gülle leben. Besonders gefürchtet bei den Badegästen ist die so genannte Blaualge. Sie zählt zu der Gruppe der „Cyanobakterien“, die zu den ältesten Organismen der Welt gehören. Einst waren sie unverzichtbar: Durch Photosynthese produzierten sie den ersten Sauerstoff und ermöglichten so das Leben. Nun werden sie jedoch lästig: Die Blaualgen ballen sich zu so genannten Algenblüten zusammen und produzieren hochpotente Gift- und Reizstoffe. Am liebsten in warmem Süßwasser. Wer dann noch badet, hat später oft mit Kopfschmerzen, geröteten Augen, Fieber oder Durchfällen zu kämpfen.

VOLKER HOLLMICHEL