Mexiko sagt: Danke, Portugal!

Mexiko verliert 1:2, erreicht das Achtelfinale und kommt dank gütiger portugiesischer Aufstellung glimpflich davon

aus GELSENKIRCHEN MARKUS BARK

Fünf Minuten können quälend lang sein. Die mexikanischen Fans benötigten gestern in etwa diese Zeit, um sich über das Ergebnis der Partie zwischen Angola und Iran zu informieren. Sie endete 1:1. Mexiko war damit trotz der 1:2-Niederlage gegen Portugal in das Achtelfinale der Weltmeisterschaft eingezogen. Auch das war eine Qual, denn überzeugt haben die Mittelamerikaner während dieses Turniers noch nicht. Kaum anzunehmen, dass sich jemand in der K.o.-Runde gegen Argentinien oder Holland durchsetzt, der sich Angola in der Gruppenphase nicht frühzeitig vom Halse schaffen kann.

Mexikos Coach Ricardo La Volpe wirkte wie immer knorrig, als er auf die mäßigen Auftritte seiner Mannschaft angesprochen wurde. „Unser Problem ist, dass wir einfach keine Tore schießen“, sagte der 54 Jahre alte Trainer, der als dritter Torwart 1978 mit Argentinien Weltmeister geworden war.

Sein Gegenüber Luiz Felipe Scolari feierte vor vier Jahren den Titel als Trainer Brasiliens. Beide Turniere zusammengenommen, hat er nun zehn Spiele in Folge gewonnen. Seine Strategie, immer ein Tor mehr als der Gegner schießen zu wollen statt auf Hurra-Fußball zu setzen, scheint die richtige zu sein. Vorsichtig war Scolari auch gestern. Hinter den Namen von fünf portugiesischen Spielern stand auf dem Aufstellungsbogen ein großes „A“ für das englische Wort „absent“. Wörtlich übersetzt, bedeutet das „abwesend“. „Entschuldigtes Fehlen“ würde es aber besser treffen. Vor den fünf großen „A“ standen fünf recht große Namen: Costinha, Pauleta, Nuño Valente, Cristiano Ronaldo. Sie alle hatten in den vorangegangenen beiden Spielen schon eine Gelbe Karte gesehen. Eine weitere hätte eine Sperre im Achtelfinale zur Folge gehabt, für das sich die Portugiesen durch zwei Siege gegen Angola (1:0) und den Iran (2:0) schon qualifiziert hatten.

Nach der Vorrunde werden die Karten in der Sünderkartei gelöscht. Aus Sicht von Scolari war es also nur vernünftig, den Spielern die Pause zu verordnen. Die Bild-Zeitung als Pflichtverteidiger der deutschen Fußball-Fans schrieb davon, dass Scolari die Zuschauer „verarschen“ würde. Wer sich gewählter ausdrückt, spricht von einer „B-Elf“. Das hört sich allerdings auch noch ein wenig so an, als handele es sich um eine Betriebsauswahl. Die portugiesische „B-Elf“ war aber schon häufig gut aufgelegt. Bei der Europameisterschaft 2000 schickte sie Deutschland mit 3:0 auf die Heimreise.

Gestern in Gelsenkirchen benötigte sie sechs Minuten bis zur ersten Demonstration ihres Könnens. Simao stürmte über die linke Seite nach vorne, passte in den Rücken der mexikanischen Abwehr und fand in Maniche einen erfolgreichen Abnehmer – 1:0. Es entwickelte sich ein flottes und abwechslungsreiches Spiel mit vielen Chancen für beide Mannschaften. Die meisten davon wurden prima herausgespielt, das 2:0 wurde den Portugiesen hingegen geschenkt. Rafael Marquez, der mexikanische Star vom FC Barcelona, boxte den Ball ohne Not nach einem Eckstoß mit der Hand weg. Den Elfmeter verwandelte Simao sicher (24.). Die Mexikaner wurden sich nun allmählich der Lage bewusst. Der Vorsprung auf Angola war fast aufgebraucht. Die Sombreros flogen entsprechend hoch, als Jose Fonseca mit einem Kopfballaufsetzer nach einem Eckstoß auf 1:2 verkürzte (30.).

Der Puls der mexikanischen Fans hätte weiter heruntergefahren werden können, doch Omar Bravo schoss einen Elfmeter über das Tor. Miguel war bei einem Rettungsversuch mit der Hand an den Ball gekommen (57.). Die Lage wurde danach sogar noch kritischer. Luis Perez sah nach 61 Minuten die gelb- rote Karte, und Angola schoss ein Tor. Letztlich könnte der Platzverweis aber sogar hilfreich gewesen sein. Mexiko wirkte in Unterzahl gefestigter, drängte sogar auf den Ausgleich. Die endgültige Entwarnung kam aber erst aus Leipzig.

Portugal: Ricardo – Miguel (61. Ferreira), Fernando Meira, Ricardo Carvalho, Caneira – Maniche, Petit – Figo (80. Morte), Tiago, Simão – Hélder Postiga (69. Gomes)Mexiko: Sánchez – Rodríguez (46. Zinha), Osorio, Salcido – Méndez (80. Franco), Márquez, Pardo, Pérez, Pineda (69. Castro) – Bravo, FonsecaSchiedsrichter: Lubos Michel (Slowakei)Zuschauer: 52.000Tore: 1:0 Maniche (6.), 2:0 Simao (24.), 2:1 Fonseca (29.)Gelbe Karten: Miguel, Maniche, Morte, Gomes / Rodriguez, Pérez, MárquezGelb-rote Karte: Pérez (nach Foulspiel und Schwalbe)Besondere Vorkommnisse: Omar Bravo verschießt Handelfmeter (57.)