Vier Tage lang nur Sonne

Auf nach Freiburg: Europas größte Fachmesse für Solartechnik öffnet von heute bis Samstag ihre Tore. Auf der Intersolar werden in diesem Jahr rund 450 Aussteller erwartet. Stagniert in diesem Jahr die neu installierte Leistung bei Photovoltaik?

VON ANDREAS LOHSE

Mindestens eine Veranstaltung pro Jahr sollte jeder wahrnehmen, der sich für Photovoltaik und Solarthermie interessiert: die Messe Intersolar in Freiburg, die jährlich im Juni stattfindet. Hier trifft sich nicht nur die Branche, hier findet auch jeder Anregungen, neue Produkte und Ideen, der sich zum Beispiel mit dem Gedanken trägt, selbst eine Solaranlage auf sein Dach zu setzen. Drei Hallen sind allein der Gewinnung von Solarstrom gewidmet.

25 Prozent mehr Umsatz

Die große Zahl von 450 Ausstellern ist sicherlich nicht zuletzt darin begründet, dass die Sonne zunehmend in den Mittelpunkt rückt, wenn es um die Frage nachhaltiger Energieversorgung geht. So verzeichneten beispielsweise die Hersteller und Installateure im Bereich Solarwärme einen Umsatzschub von 25 Prozent im vergangenen Jahr: 2005 wurde nach Angaben des Messeveranstalters Solar Promotion GmbH eine Gesamtfläche von 950.000 Quadratmetern mit einer Wärmeleistung von 650 Megawatt installiert. Die Branche sicherte damit nach eigenen Angaben mehr als 12.000 Arbeitsplätze und erzielte einen Umsatz von 750 Millionen Euro.

Im vergangenen Jahr habe sich „ein Trend zu größeren Solarwärmeanlagen“ abgezeichnet“, heißt es bei Solar Promotion. Der Anteil von großen Kollektorflächen zwischen 10 und 45 Quadratmetern, deren Anlagen sowohl der Warmwasserbereitung dienten als auch die Heizung unterstützen, habe bei den neu installierten Systemen von 25 auf 45 Prozent zugelegt. Hintergrund: Mitte 2005 hatte die Bundesregierung die Förderung für solche kombinierten Anlagen erhöht; zwischenzeitlich wurde sie aber bereits wieder gesenkt. Hinzu kommen indes zinsverbilligte Darlehen sowie Förderungen aus den Töpfen und Programmen der bundeseigenen KfW-Förderbank. In diesem Jahr erwartet die Branche ein Wachstum um weitere 30 Prozent und am Jahresende erstmals eine installierte Kollektorfläche von einer Million Quadratmetern.

PV-Prognose: Wachstum

Auch für die Photovoltaik (PV) werden gute Zahlen prognostiziert. Zurzeit hängt der Boom der in den vergangenen Jahren verzeichneten zunehmenden Installation von Solarstromanlagen allerdings im Nadelöhr „Solarsilizium“. Der Rohstoff Quarzsand ist zwar weltweit in Massen vorhanden. Allein es fehlt an hinreichender Kapazität in den Fabriken, um daraus Solarsilizium für Solarzellen herzustellen und damit die Produktion ähnlich rasant zu erhöhen, wie es die Nachfrage erfordert. Hier hatten die Siliziumhersteller in den letzten Jahren die Entwicklung trotz brancheninterner Prognosen und Mahnungen schlicht verschlafen – oder völlig falsch eingeschätzt, was aufs Gleiche hinausläuft: Es könnten einige tausend Anlagen mehr gebaut werden, als der Nachschub derzeit hergibt.

Solarsilizium ist knapp

Doch die Siliziumhersteller haben mittlerweile verstanden. Dies zeigt sich nicht zuletzt auf den seit drei Jahren jeweils im Frühjahr stattfindenden und vom Aachener Solar Verlag veranstalteten internationalen Solarsilizium-Konferenzen in München, wo sich die führenden Köpfe der weltweit an Silizium Interessierten treffen: Die Kapazitäten werden ausgebaut, so das Versprechen, was ja nicht zuletzt im ureigenen finanziellen Interesse der Fabrikanten ist. Gleichwohl wird es noch eine Weile dauern, bis die rege Nachfrage komplett bedient werden kann; branchenintern rechnet man mit zwei bis drei Jahren, um die kostspieligen Produktionen aufzubauen oder die bestehenden auszuweiten.

Zugleich geht der Bundesverband der Solarwirtschaft jedoch auch im Photovoltaiksektor von einem weiteren Wachstum des Marktes schon 2006 aus. Denn Silizium werde „immer effizienter eingesetzt“ und Solarzellen arbeiteten mit „immer höheren Wirkungsgraden bei immer weniger Materialeinsatz“. Nicht zuletzt jedoch werden auch im Vergleich zu Solarsiliziumzellen bislang weniger rentable Alternativen kontinuierlich verbessert. Solange sich die große Siliziumnachfrage mangels adäquaten Angebots auf die Siliziumpreise niederschlägt und Standardsolarzellen teurer werden, sucht man weiterhin nach Ersatz und forciert die Entwicklung der so genannten Dünnschichttechnik. Eingesetzt werden hier unter anderem Cadmium, Tellur, Indium, Kupfer und deren Verbindungen.

PV-Fakten: Stagnation

Wenn die pro Jahr installierte Solarstromleistung jedoch so rapide steigen soll wie geplant, wird man auch auf die Dünnschichttechniken allein nicht setzen können. Nicht einmal alle drei derzeit marktfähigen Technologien zusammen hätten das nötige Potenzial, heißt es im Solarstrommagazin Photon, und „mit Sicherheit kann keine dem aktuell knappen, langfristig aber praktisch unbegrenzt verfügbaren Silizium das Wasser reichen“.

Hinzu kommt, dass „das Wachstum des Marktes für Photovoltaikanlagen in Deutschland vorerst gestoppt“ sei, analysiert Photon. Grundlage dieser Annahme ist eine Erhebung der Zahl neu installierter Anlagen, die der Solar Verlag kontinuierlich durchführt. Laut diesen Datenbeständen lag die 2005 neu installierte Leistung bei 710 Megawatt. Ein Jahr zuvor waren es noch 10 Megawatt mehr. Ein Grund für den Rückgang sind laut Photon die zurzeit hohen Preise für Photovoltaikanlagen. Kostete 2004 eine schlüsselfertig installierte Hausdachanlage etwa 5.200 bis 5.700 Euro je Kilowatt, so lagen die Preise im vergangenen Jahr rund 10 Prozent darüber. Gleichzeitig – so ist es im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt – sank die Vergütung für den ins allgemeine Netz eingespeisten Solarstrom. „2004 war eine Photovoltaikanlage eine weitaus lohnendere Investition als 2005“, schlussfolgert das Magazin. In diesem Jahr verzeichnete man in seinen Marktübersichten bereits eine weitere Preissteigerung um 7 Prozent. „Womöglich werden 2006 noch weniger Photovoltaikanlagen aufgebaut.“

Preise müssen runter

Will die Industrie also ihren noch recht jungen Markt in Deutschland nicht innerhalb kurzer Zeit austrocknen, muss sie an den Preisen drehen. Die Produktionskosten sind nach Ansicht von Branchenkennern nämlich gesunken. Dass sich dies nicht in ebenso sinkenden Preisen für die Solarstromanlagen spiegelt, liege unter anderem daran, dass die Industrie die Gunst der Stunde nutze. Knappheit an Solarsilizium ist da nur die halbe Wahrheit, um die zurzeit marktüblichen Preise zu begründen. Den zweiten Teil nennt man „Mitnahmeeffekt“. Ein Grund mehr, nach Freiburg zu fahren: Die Industrie ist dort versammelt.

Intersolar 2006, Freiburg. Termin: 22. bis 24. Juni, geöffnet 9–18 Uhr (Samstag: bis 17 Uhr). Samstag, 24. Juni, ist Publikumstag, die beiden Tagen zuvor sind Fachbesuchern vorbehalten. Eintritt: 20 Euro (Samstag: 10 Euro), Dauerkarte 30 Euro. www.intersolar.de