spielplätze (11)
: Grüner Curry mit etwas Fußball

Alle gucken Fußball. Auch die taz. Bis zum Ende der WM berichten wir täglich live von den Berliner Spielplätzen. Heute: Portugal – Mexiko im Thai-Imbiss.

Wettrüsten ist ein hässliches Wort für einen hässlichen Vorgang. Der Kalte Krieg ist seit fast 17 Jahren Geschichte, doch jetzt geht’s wieder los: Pünktlich zur Fußball-WM haben Berliner Gastwirte aufgerüstet. Fährt man während eines Deutschlandspiels mit dem Fahrrad durch Prenzlauer Berg oder einen anderen so genannten Szenebezirk, verpasst man keine einzige Torchance, keine Gelbe Karte, nichts. Überall stehen riesige Leinwände oder zumindest sündhaft teure Plasmafernseher – auch und gerade vor arabischen und Thai-Imbissen. Es hat sich also doch gelohnt, immer schön Gericht Nr. 69, Hähnchenfleisch mit rotem Curry, zu essen – für den Gast sowieso, aber anscheinend auch für den Wirt. Vielleicht ist das edle Gerät auch das Verdienst der Hausbank meines Thai-Imbisses, die die stilechte WM-Übertragung mit Krediten in Millionenhöhe unterstützt – man weiß es nicht.

Als Geheimtipp in der „Mal schnell was essen und dabei Fußball gucken“-Szene gilt der Imbiss „Zweistromland“ an der Kollwitzstraße. Kenner loben das kontrastreiche Beamerbild und die gute Stimmung auf dem breiten Bürgersteig. Die bloße Existenz dieser Szene ist ein kleines Wunder – sind Imbisse doch eigentlich Durchgangsstationen für den kleinen Hunger zwischendurch und zudem meist ohne Zapfhahn für fußballbegleitende „gepflegte Biere“.

Doch weil in Prenzlauer Berg lebende 11 Freunde-Leser eh lieber Beck’s aus der Flasche nuckeln, ziehen sie die Freiluftübertragung vorm Imbiss dem Mief in der Eckkneipe vor – erst recht bei den Preisen: bei „Thai Phiset“ etwa kostet die kleine Flasche Konsensbier 1,30 Euro – wesentlich weniger als in den Kneipen etwa am nahen Helmholtzplatz.

Doch zum Anpfiff um 16 Uhr trinkt hier noch niemand Alkohol. Philip hat sich einen Mangosaft bestellt und ist heilfroh, dass sich hier niemand sonderlich für das auf Großbildleinwand übertragene Nachmittagsspiel interessiert: „Deswegen komme ich her und weil die Jungs hier das Grüne Curry echt drauf haben.“ Auf dem Tisch liegt der aktuelle Kurier. Schlagzeile: „3:0 Jubel-Orgie in Berlin – Oh, wie ist das schön …“ Die allgemeine Euphorie lässt den 24-Jährigen mit dem Strohhut kalt: „Wenn die Leute diese Selbstberauschung nötig haben, sind sie echt arm dran.“

Dirk Beckmann macht „so eine Art Mittagspause“, die er nutzen will, um beim Essen, Nr. 30, Reisbandnudeln mit Tofu, einen Teil des Spiels zu gucken. Dummerweise kommt er pünktlich zur Halbzeit aus seinem Büro um die Ecke. Da sind alle drei Tore der Partie Portugal gegen Mexiko schon gefallen. Dass niemand sonst das Geschehen auf der Leinwand verfolgt, wundert ihn nicht: „Hier geht man hauptsächlich zum Essen hin.“

Die drei gelangweilt wirkenden Asiaten hinter der mit Flaggen geschmückten Theke können zwar Bestellungen aufnehmen und per Mikro zur Abholung auffordern, Fragen beantworten sie jedoch nicht: Der Chef sei nicht da, sagt der Älteste von ihnen knapp. Der Rest ist Achselzucken. DAVID DENK

„Thai Phiset“, Pappelallee 19/Raumer Straße, 10437 Berlin, täglich von 11.30 bis 23 Uhr, alle Spiele auf Großbildleinwand. Eintritt: eine Bestellung