Atmosphärische Störungen

Vor dem morgigen Achtelfinale gegen Ecuador will Englands Trainer Eriksson seinen Star David Beckham nicht heiraten

BÜHLERTAL taz ■ Ist es die Hitze, ist es die Höhe, ist es die Langeweile? Es gibt schon länger atmosphärische Störungen im englischen Lager, und unter der Woche hat es jetzt richtig gekracht. Laut Independent flogen zwischen zwei Journalisten die Fäuste, aus irgendeinem nichtigen Grund. Alkohol soll im Spiel gewesen sein. Es ist ja wirklich verdammt hart, fünf Wochen lang in Baden-Baden zu sitzen und jeden Tag für Aufregung sorgen zu müssen.

Doch auch Sachfragen beschäftigen England vor dem Achtelfinale am Sonntag gegen Ecuador: 4-5-1 mit Wayne Rooney als einsame Spitze oder doch das 4-4-2 der beiden ersten, beschämend schlechten Partien? Trainer Sven-Göran Eriksson scheint aktuell zur zweiten Variante zu tendieren, weil Rooney im Grunde eher eine hängende Spitze ist und die Ecuadorianer sich vor Crouch und seinen zwei Metern Körpergröße erschrecken sollen. „Wir können beides, es ist eigentlich egal, wir müssen nur als Mannschaft gut spielen“, sagte David Beckham.

Der Kapitän war nicht gut gelaunt, das war offensichtlich. Die Sun hatte am Freitag Victorias schlanken Körper auf der Titelseite des Sportteils abgebildet, ihr Gesicht aber war in der Fotocollage sehr faltig, sie trug den Ansatz einer Glatze und Brille – oh weh, es war Erikssons Antlitz. „Sven: I’m no Poshover“ („Ich bin kein Jasager“), stand darüber, „pushover“ war absichtlich mit „o“ geschrieben, wie Posh Spice, der alte Kampfname von Victoria. Sven hatte, das war die Story, bestätigt, dass er mit Beckham „weder verheiratet noch verlobt“ sei und ihn jederzeit auf die Bank setzen würde, falls die Form nicht entsprechend sei. Anlass dazu gäbe es, dazu kommen wird es nicht. „Eriksson und Beckham sind durch die Nabelschnur miteinander verbunden“, schrieb die Sun, „beide füttern sich gegenseitig“.

Es stimmt, die beiden halten sich in guten und in schlechten Zeiten eisern die Treue. Das ist löblich, kommt aber derzeit nicht gut an, denn Beckham spielte gegen Schweden furchtbar schlecht. Selbst Geoff Hurst, der Hattrick-Schütze von 1966, forderte am Freitag seine Versetzung auf die Bank.

Beckham ist sauer. „Ich sitze nicht hier, um über meine Leistung zu reden“, sagte er auf dem Podium. Es fiel John Terry zu, seinen Kapitän in Schutz zu nehmen. „Er spielt sehr gut, ich verstehe die Kritik nicht. Es ist nicht fair, ihn herauszugreifen“, sagte der Verteidiger.

Ganz ehrlich war Terry, als er schließlich ausführte: „Von mir aus können wir schlecht spielen und alle Spiele gewinnen. Bisher haben wir die Ergebnisse erreicht. Mannschaftlich und individuell können wir uns noch steigern, das dürfte den anderen Teams Sorgen machen.“ Und vielleicht auch den mitgereisten Journalisten. Wer weiß, was noch passiert, wenn sie alle bis zum 9. Juli bleiben müssen.

RAPHAEL HONIGSTEIN