Vier Hamas-Politikern droht Ausweisung

JERUSALEM Die israelische Regierung will vier ehemalige islamistische Funktionsträger aus ihrer Heimatstadt verbannen. Sie werden von Palästinenserpräsident Abbas unterstützt. Dieser hofft auf die USA und die EU

JERUSALEM taz | Erst seit einigen Wochen auf freiem Fuß, droht Mohammad Abu Tir erneut mit der israelischen Polizei aneinanderzugeraten. Der Ex-Parlamentarier der Hamas mit dem leuchtend rot gefärbten Bart steht vor der Verbannung aus seiner Heimatstadt Jerusalem. Eine schriftliche Aufforderung der Sicherheitsdienste nennt bereits den 19. Juni als spätesten Termin seiner Ausreise. Drei weitere Hamas-Politiker sollen bis Ende dieser Woche Jerusalem verlassen.

Unerwartete Rückendeckung erreichte die vier Islamisten von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der sich trotz der anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Fatah für die von der Deportation bedrohten Männer einsetzt. Abbas sprach zwar nicht direkt bei der israelischen Führung vor, hofft aber auf den Einfluss von „Vertretern des Weißen Hauses und der EU“, wie Mohammad Edwan, sein Sprecher, auf telefonische Anfrage, mitteilte. Abbas nannte die Ausreisebefehle einen „schwerwiegenden Vorfall“, der sich in die Reihe „illegaler Maßnahmen Israels in Jerusalem“ einreihe.

Eine seiner Anlaufstationen war auch der jordanische König Abdallah. Nach Angaben Edwans zeigt sich der Palästinenserpräsident zuversichtlich, „in den kommenden zwei bis drei Tagen eine Lösung zu finden“.

Abbas war infolge der Entwicklungen in kurzen Abständen gleich zweimal mit den Hamas-Politikern zusammengekommen. Das israelische Recht ermöglicht den Entzug des Wohnrechts für Einwohner Ostjerusalems, die keine Juden sind. Die vier Politiker haben sich offiziell des „Vergehens“ schuldig gemacht, Funktionsträger in Ramallah zu sein. Das sei besonders gravierend, so rechtfertigte das Gericht die Ausreisebefehle, da sie „im Dienst der Hamas-Terrororganisation standen, die Israel feindlich gesinnt ist“. Damit hätten sie auf ernsthafte Weise ihre „Loyalitätspflicht dem Staat Israel gegenüber verletzt“. Dass sie allesamt nur wenige Monate ihre Ämter in Regierung und Parlament innehatten, ehe sie festgenommen wurden und in israelischen Gefängnissen einsaßen, spielt dabei keine Rolle. Die vier Männer, die als Pfand für den entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit inhaftiert wurden, blieben unterschiedlich lange in Haft. Als letzter kam Abu Tir nach fast vier Jahren hinter Gittern auf freien Fuß. Der über 60-Jährige weigert sich, ähnlich wie seine drei Mitstreiter, dem Ausreisebefehl nachzukommen. Abu Tir stammt aus dem Dorf Umm Tuba, das zum Großraum Jerusalem gehört. In seiner Jugend war er Mitglied der Fatah, später schloss er sich den Muslimbrüdern an. Unter dem Vorwurf terroristischer Aktivitäten war er wiederholt verhaftet worden. Insgesamt verbrachte er über 25 Jahre im Gefängnis.

SUSANNE KNAUL