berliner szenen Transgenialer CSD

Schwule Mädchen und lesbische Jungs

„Wer das liest, wird schwul“, hat sich eine Frau auf den Arm geschrieben. Auf einem Wagen hüpfen ein paar Mädels beim Rap-Karaoke zum Fettes-Brot-Hit „Schwule Mädchen“. Aus dem Wagen dahinter schallt Abba, ganz ohne Hintergedanken zum anstehenden Deutschland – Schweden-Spiel. Beim „Transgenialen CSD“, der sich am Samstag als Gegenveranstaltung zum „Commercial Street Day“ versteht, laufen vor allem Frauen mit Queer-Interessen mit, und wer weiß, vielleicht ist das der Grund für die sonnige Stimmung. Heteromänner im Rudel sind bekanntlich ein grölender Haufen Bierstinker, Homomänner eine Horde screaming queens voller Drag und lautem Deppentechno, und zu viele Heterofrauen lassen das ganze leicht in Richtung Love Parade (samt Blumen-BH und Heute-will-ich-was-erleben) kippen.

Also ist die Mischung perfekt – die Demonstrierenden verlangen unter dem Motto „Keine Privatsache“ außer Globalerem wie der Beschäftigung mit der Hartz-IV-Armut, mit der Situation queerer Menschen in Polen, mit der Privatisierung öffentlichen Eigentums und mit der „Festung Europa“ auch noch Privateres: „Stöckelschuhe her!“ etwa.

Womit in die Richtung gedeutet wird, in die Lesben in Deutschland seit einer Weile angeblich tippeln: Butch ist nur noch, wer unbedingt will, der Rest rasiert sich brav die Beine und trägt damit noch weiter zur lobenswerten Vermischung von allem bei, was es so gibt. Zwischendrin schmusen ein paar Fummeltrinen herum und runden das Bild ab.

Wer Frau war und Mann sein will oder umgekehrt, ist ohnehin herzlich willkommen, das mit der Beinbehaarung kann man ja auch noch im Nachhinein ändern. JENNI ZYLKA