FDP will nicht mehr Mövenpick-Partei sein

MEHRWERTSTEUER Die Regierung kommt nicht zur Ruhe – jetzt streitet sie über die Hotel-Vergünstigungen

BERLIN taz/apn/dpa | Die Regierung streitet sich über die wohl größte Pleite ihrer bisherigen Amtszeit: die vergünstigte Mehrwertsteuer für Hotels. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte am Dienstagmorgen in einem Interview im Deutschlandfunk: „Man hätte aus meiner heutigen Sicht diesen Satz nicht vorab senken sollen, sondern auf die große Reform warten müssen.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte das Vorgehen Lindners. In der Koalitionsrunde sagte sie: „Ich dachte, wir wollten hier etwas ruhiger werden, und dann muss ich in der Früh so etwas hören.“ Seit Jahresbeginn wird auf Hotelübernachtungen ein Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent fällig. Die FDP wird seitdem und weil eine Parteispende aus dem Konzern der Mövenpick-Hotels bekannt wurde, scherzhaft Mövenpick-Partei genannt.

Die CSU lehnt eine Kehrtwende ab. „Wie verabredet wird die Koalition im Herbst darüber beraten, wie ein Fahrplan für eine Strukturreform bei der Mehrwertsteuer aussehen könnte“, erklärte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Dienstag. „Bis dahin sind alle inhaltlichen Debatten verfrüht und sinnlos.“ Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte, Bayern habe die Absenkung des Umsatzsteuersatzes „nie isoliert betrachtet“. Dazu sagte Fahrenschon, die schwarz-gelbe Koalition werde den kompletten Katalog der Mehrwertsteuersätze überprüfen und „gegebenenfalls nicht mehr nachvollziehbare Belastungsentscheidungen des Systems korrigieren“.

Er fügte hinzu: „Dabei ist aber auch zu beachten, dass unterschiedliche Mehrwertsteuersätze in Europa zu Wettbewerbsverzerrungen führen.“ Das bezieht sich darauf, dass Hotels in Österreich weniger Mehrwertsteuer zahlen als die bayerische Konkurrenz – der Grund, aus dem auch die CSU die Senkung der Hotelsteuer betrieben hatte.

Die schwarz-gelbe Koalition will die Mehrwertsteuersätze nach der Sommerpause grundlegend reformieren. Das beschlossen die Spitzen von Union und FDP im Koalitionsausschuss. Es gehe darum, das System einfacher, logischer und gerechter zu machen, sagte Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier nach der Sitzung. Das schließe nicht aus, dass es am Ende „Effekte auf der Einnahmeseite“ gebe.

GOR