Dachau stimmt über Kohle ab

DIREKTE DEMOKRATIE Bürgerinitiative will Stadtwerke zwingen, aus Kraftwerksprojekt auszusteigen

BERLIN taz | In Dachau könnte am Sonntag ein neuer Meilenstein für den Kohleprotest erreicht werden: Erstmals hat ein Bürgerentscheid gegen die Beteiligung der örtlichen Stadtwerke an Kohlekraftwerken Aussicht auf Erfolg. Die Bürgerinitiative will mit dem Votum erreichen, dass die Stadtwerke Dachau aus den Trianel-Kohleprojekten in Krefeld und Lünen aussteigen. Im Chemiepark Uerdingen ist ein 750 Megawatt-Block geplant, in Lünen wird bereits an einem mit gleicher Leistung gebaut. Die Stadtwerke Dachau sind Mitinvestor. Ein erfolgreiches Bürgerbegehren Anfang Mai hatte den Bürgerentscheid erzwungen.

Etliche geplante Kohlekraftwerke wie zuletzt in Dörpen, Greifswald oder Datteln sind vor allem durch Protest vor Ort gekippt worden. Jetzt greifen Klimaschützer zu einer neuen Strategie: Mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid setzen sie auf direkte Demokratie. Die BI „Kontra Kohlestrom Dachau“ fordert von den Stadtwerken, in erneuerbare Energien zu investieren. „Das käme nicht nur dem Klima zugute, sondern auch der lokalen Wirtschaft“, sagt BI-Sprecher Michael Eisenmann der taz.

Am Sonntag entscheiden die 41.700 Einwohner also über die lokale Energiepolitik: Ein erfolgreicher Bürgerentscheid muss eine Mehrheit von mindestens 6.200 Ja-Stimmen erhalten. Das entspricht 20 Prozent der Wahlberechtigten und ist das gesetzlich verankerte Zustimmungsquorum – und es ist für die Stadtwerke bindend. Ohne die Beteiligung Dachaus würde die Finanzierung der Kohleprojekte zwar nicht gekippt, sagt Stefan Taschner vom Verein BürgerBegehren Klimaschutz: „Der Bürgerentscheid würde jedoch ein starkes politisches Signal setzen.“ Und die direkte Demokratie auch für andere Kommunen mit Kohlekraftwerksprojekten interessant machen. SARAH MESSINA