Schrumpfende Aussichten für die Jüngeren

POLICEN Wer künftig eine Lebens-versicherung abschließt, muss mit niedrigeren Erträgen rechnen. Der Garantiezins soll weiter sinken

VON NICOLA LIEBERT

BERLIN taz | Altwerden muss man sich leisten können, aber das ist gar nicht mehr so einfach. Das Niveau der staatlichen Rente ist im Zuge diverser Rentenreformen abgesenkt worden, und die private Altersvorsorge wirft immer bescheidenere Erträge ab.

Die derzeitige Rentnergeneration muss das zwar nicht bekümmern. Aber wer jetzt plant, seine voraussichtlich mageren Alterseinkünfte durch eine private Lebens- oder Rentenversicherung aufzustocken, hat ein Problem: Gerade erst haben Experten der Bundesregierung empfohlen, den sogenannten Garantiezins erneut zu senken. Die Versicherungsunternehmen müssten dann ab Januar 2015 ihren Neukunden nur noch eine Verzinsung in Höhe von 1,25 Prozent pro Jahr versprechen. Bislang sind es 1,75 Prozent. Die Preise sind im abgelaufenen Jahr aber um 1,5 Prozent gestiegen – das ist mehr als der vorgeschlagene Garantiezins.

Dieser stellt zwar nur eine Untergrenze dar – die Versicherungen beteiligen ihre Kunden darüber hinaus auch an etwaigen Überschüssen. Angesichts niedriger Zinsen auf dem Kapitalmarkt sind solche Überschüsse aber schwerer zu erzielen. Hinzukommt, dass der Garantiezins gar nicht in vollem Umfang den Versicherten zugute kommt: Er bezieht sich nur auf den sogenannten Sparanteil der Einzahlungen. Ein nicht unerheblicher Teil der Beiträge geht jedoch für die laufenden Kosten und Vertriebsprovisionen der Versicherungen drauf. Folge: Selbst wenn es zu Überschussbeteiligungen kommt, kann es sein, dass die Kunden am Ende der Laufzeit unter Abzug der Inflation weniger Geld herausbekommen, als sie eingezahlt haben.

Der Garantiezins wird von der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) berechnet, einem Zusammenschluss von Versicherungsmathematikern. Letztlich festgelegt wird er vom Bundesfinanzministerium, das meistens den Empfehlungen der DAV folgt.

Die Rechenkünstler der Versicherungen wollen vor Ende 2014 noch einmal nachrechnen, ob es nicht ausreicht, auf 1,5 Prozent herunterzugehen. Grundlage ist das Zinsniveau im Euroraum, konkret die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen. Der Garantiezins darf höchstens 60 Prozent dieser Rendite betragen, damit die Garantie auch dann Bestand hat, wenn die Verzinsung der Anleihen weiter sinkt – oder wenn der ein oder andere Staat zahlungsunfähig wird.

Wer einen laufenden Vertrag hat, der erhielt im vergangenen Jahr im Schnitt immerhin noch rund 3,4 Prozent. Aber auch das ist enttäuschend. Noch vor zwei Jahren lag der Satz bei über 4 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass die Gewinnbeteiligung weiter reduziert wird“, erklärte gestern Christian Badorff von der Ratingagentur Standard & Poor’s. Grund: Die Versicherungskonzerne finden kaum noch lukrative Anlagemöglichkeiten für das Geld ihrer Kunden. Aktien und andere potenziell gewinnversprechende Anlagen sind weitgehend tabu, denn es geht ja um Sicherheit. Die als sicher geltenden Bundesanleihen mit langen Laufzeiten aber erzielen derzeit nur eine Rendite von 1,4 Prozent.

Zu viel Geld im Umlauf

Die mageren Zinsen sind nicht zuletzt das Ergebnis der Krisenbekämpfungspolitik der Europäischen Zentralbank. Die EZB hat nicht nur ihren Leitzins auf nur mehr 0,25 Prozent gesenkt, sondern pumpt auch noch kräftig Geld in die Wirtschaft, indem sie Banken ihre zum Teil kriselnden Wertpapiere abkauft. Das Überangebot an Geld sorgt dafür, dass Anleihen auf jeden Fall Abnehmer finden, egal wie niedrig der gebotene Zinssatz ist.

Für die Versicherungsunternehmen wie Allianz, Debeka oder Axa sind niedrigere Garantiezinsen ein Geschenk des Himmels. Den Kunden, die ihre Lebensversicherung vor der Jahrtausendwende abgeschlossen haben, müssen sie noch einen Garantiezins von sagenhaften 4 Prozent zahlen.

Was aber soll die künftige Rentnergeneration, der der Staat immer weniger Sicherheit verspricht, tun, um sich vor Altersarmut zu schützen? „Es gibt derzeit keine echte Alternative zu einer privaten Lebensversicherung“, glaubt der Ökonom Hermann Weinmann von der Hochschule Ludwigshafen. Denn bei Weitem nicht alle Menschen seien imstande, ihr Geld auf dem Kapitalmarkt gut zu investieren und zu verwalten.