WM nur vom Sofa

Nobert Nilsen ist in der Polizeidatei als Gewalttäter gespeichert – zu Unrecht, wie er findet

BERLIN taz ■ Die Lust auf die WM ist Norbert Nilsen* vergangen. Der Kölner Computertechniker schaut die Fußballspiele nur zu Hause. Dabei wollte der 22-Jährige gerne die WM auf einer der vielen Riesenleinwände in der Kölner Innenstadt genießen – wie hunderttausende andere auch. „Auf die Stimmung habe ich mich richtig gefreut“, sagt Nilsen.

Doch Anfang Juni bekam Norbert Nilsen Besuch von der Polizei: Der Beamte empfahl ihm, er solle sich nicht auf einem Public-Viewing-Event in Köln sehen lassen. Die Polizei werde ihn genau beobachten. Denn Nilsen hat ein zweijähriges Stadionverbot vom DFB und ist in der Datei Gewalttäter Sport gespeichert – zu Unrecht, wie er findet. In dieser Datei hat die Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) über 7.000 Gewalttäter gespeichert. ZIS-Sprecher Peter Spiertz vertraut auf den Erfolg solcher Gefährdeansprachen: „Wir wollen potenzielle Gewalttäter im Voraus warnen. Die meisten halten sich auch an die Aufforderung.“ Die Folge seien weniger Krawalle auf den Fan-Festen. Bislang ist es bei der WM zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Hooligans in den Innenstädten von Dortmund, Köln und Stuttgart gekommen.

Millionen von Fans drängen sich auf Deutschlands Fan-Festen und genießen die Spiele, während Norbert Nilsen zu Hause sitzen muss. Natürlich könnte er es versuchen, auf ein Public-Viewing-Event zu gehen. Er könnte sich auch auf dem Schwarzmarkt ein Ticket für ein WM-Spiel kaufen und ins Stadion gehen. Personenkontrollen gibt es ohnehin nur selten. Aber er hat Angst, dass ihn Ordner oder Polizeibeamte erkennen. Denn als eingefleischter FC-Köln-Fan ist er szenekundigen Beamten bekannt. Sie wissen, dass er als potenzieller Hooligan gilt.

Der 1. FC Köln ist Nilsens Leben. Seit sieben Jahren reist er zu jedem Auswärtsspiel mit. Im Juli 2005 begleitete er mit einigen Fußball-Kumpels seinen Verein ins belgische Eupen, wo Köln ein Freundschaftsspiel gegen Standard Lüttich austrug. Zusammen mit vierzig anderen Köln-Fans soll er das Stadion gestürmt haben, weil er keinen Eintritt bezahlt habe. Doch das bestreitet Norbert Nilsen vehement: „Ich war gerade am Kartenhäuschen und habe mir ein Ticket besorgt, als andere Fans sich Zutritt zum Stadion verschaffen wollten.“ Er habe sich gerade mit einem deutschen Polizeibeamten unterhalten, der die Kölner Fan-Szene genau kenne.

Umso entrüsteter ist er, dass er trotzdem als Hooligan gilt und deutsche Fußballstadien erst wieder im August 2007 betreten darf. „Die Polizei stützt sich auf Bilder von der Videoüberwachung“, erzählt Nilsen. Doch darauf sei er überhaupt nicht zu erkennen. Deshalb hat er einen Anwalt eingeschaltet. Der will vor Gericht gegen das Stadionverbot vorgehen. Doch bis es zu einer Verhandlung kommen könnte, ist die WM vorbei. Norbert Nilsen muss die Spiele weiter von zu Hause aus schauen.

MAURITIUS MUCH

* Name geändert